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MUTMACHEN UND HELFEN
HanseMerkur Preis für Kinderschutz
VON HARRY HALLER
Kinder sind unsere Zu-
kunft. Sie bedürfen unse- rer Liebe und Führung, sie sind die „Großen“ von Morgen, die dann Verantwortung für unse- re Gesellschaft übernehmen. Wenn von Kindesmisshandlun- gen und -tötungen im familiä- ren Umfeld berichtet wird, re- agiert die Bevölkerung mit Un- verständnis und Zorn. Schlag- zeilen, Wut, Empörung, po- litische Rechtfertigungen. Tragische Einzelfälle, bei de- nen offenbar die Behörden ver- sagt haben. Die Realität ist an- ders. Es sind keine Einzelfälle.
Laut Kriminalstatistik wur- den in Deutschland im vorletz- ten Jahr 153 Kinder zu Tode misshandelt. Zwar ist der Bevöl- kerungsanteil von Kindern und Jugendlichen in den vergange- nen Jahren von 15 Millionen auf 12 Millionen geschrumpft, doch die Zahl der Tötungen hat sich nicht reduziert, hingegen haben sich „Inobhutnahmen“ drastisch erhöht.
Die gemeinnützige Stiftung gibt es seit zehn Jahren
Was geschieht mit jenen, die schweren, langanhaltenden se- xuellen Missbrauch, körper- liche und seelische Gewalt „überlebt“ haben? Was passiert, wenn jene Kinder nach der Her- auslösung aus ihren Familien in Jugendheimen, Wohngruppen, Psychiatrien und Plegefamili- en keinen Fuß fassen können, weil sie selbst – durch Gewalt traumatisiert – gewalttätig wer- den, durch Selbstzerstörung oder Essstörungen auffallen?
2005 wurde in München die gemeinnützige und mildtätige Stiftung „Ein Platz für Kinder“ gegründet, die in Deutschland Schutzhäuser baut, um diesen
Das kulturelle Rahmenpro- gramm der Festveranstaltung gestaltete das BUNDESJUGEND- BALLETT gemeinsam mit einem früheren Preisträger, den Integrativen barrierefreien Gruppen des TV Schiefbahn 1899 e.V. aus Willich.
Kindern in besonderen Ausnah- mesituationen ein Heim geben. Hier erfahren die Kinder, dass die Betreuer sie verstehen wol- len. Sie müssen keine Anpas- sungsleistungen vollbringen, Impulsdurchbrüche werden nicht sanktioniert. Spuren der Aggression inden sich über- all in den Schutzhäusern. Be- treuer werden angegriffen, be- spuckt, gebissen, Schränke sind mit einem Schloss gesichert,
die Waschbecken aus Weich- plastik gefertigt. Das ganze In- terieur ist reizarm gestaltet und die geschulten Betreuer ma- chen deutlich „Wir halten Dich aus. Wir wissen, das Du Deine Eltern geschlagen und Deine Lehrer angegriffen hast. Doch dafür gibt es einen Grund“. Es dauert seine Zeit bis die Kin- der zur inneren Ruhe kommen, Vertrauen fassen und Worte inden für ihre Verletzungen.
Dann müssen sie nicht länger in der Symptomsprache Zulucht suchen.
Schutzhäuser wie die Ham- burger Mattisburg, nehmen je- weils zehn Vier- bis 12-Jährige für einen Zeitraum von durch- schnittlich sechs Monaten auf, bis (Sozial-)Pädagogen und Trauma-Therapeuten sich si- cher sind, dass sie von norma- len Einrichtungen der Jugend- fürsorge übernommen werden können. Der Verein „Ein Platz für Kinder“ stattet die Schutz- häuser liebevoll aus, stellt die fortlaufende Renovierung si- cher und übergibt diese dann an einen professionellen Trä- ger. Für seine herausragende Leistung wurde er vor wenigen Tagen von der Hanse Merkur mit dem Kinderschutz-Haupt- preis, der mit 20.000 Euro do- tiert ist, ausgezeichnet.
Drei weitere Anerkennungspreise
Drei weitere Anerkennungs- preise, dotiert mit je 10.000 Euro, gingen an den Verein „Transplant-Kids“, der sich um Kinder zwischen acht und 14 Jahren kümmert, die ein Spen- derorgan erhalten haben. Das Projekt „Gleiche Chancen für Roma-Kinder“ bietet Schülern, die über eine hohe soziale und künstlerisch-musische Kompe- tenz verfügen, jedoch aus bil-
dungsfernen Milieus kommen, eine individuelle Betreuung. Ebenfalls 10.000 Euro ging an den Hamburger Verein „Freun- de der Schlumper“, eine Ateli- ergemeinschaft von Künstlern mit unterschiedlichen Handi- caps, die sich viermal pro Wo- che in einer integrativen Ganz- tagesgrundschule (während des Regelunterrichts) mit sechs bis zehn Kindern zum Malen und kreativen Gestalten trifft.
Sorge für Kinder ist Vorsorge für die Zukunft. Als Personenversicherer ist es naheliegend, dass uns die Familie und hier beson- ders das Wohl der Kinder am Herzen liegt. Wir stellen uns der gesellschaftlichen Verantwortung.
Eberhard Sautter, Vorstands- vorsitzender der Hanse Merkur
ging an „Ein Platz für Kinder“
Jede Woche werden drei Kinder zu Tode misshandelt


































































































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