Page 28 - Volksdorfer Zeitung Nr. 14 - September 2016
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„Das Zeichnen bedeutet für mich totale Entspan- nung für den Kopf. Ich muss mich nicht so kon- zentrieren, das ist schön. Ich tu es einfach und am Ende sieht es auch noch cool aus“, sagt Gloria Garrels und lacht.
GLORIA GARRELS – FIRST STEPS
„Ich bin mit jeder Linie verbunden“
Ausstellungserö nung am 10. September im Malteser Hospiz-Zentrum
VON STEFANIE LANGOS
„Meine Erkrankung war
für mich immer schon logisch. Ich habe sie nie als großes Hindernis wahrgenom- men, sie war einfach schon im- mer da“, beschreibt Gloria Gar- rels ihre angeborene Muskeler- krankung. Die 22-Jährige Ham- burgerin sitzt im Rollstuhl, ei- genständig laufen hat sie nie gelernt. Eine Maschine unter- stützt ihre Atmung. Ehrenamt- liche Hospizbegleiter des Mal- teser Hospiz-Zentrums beglei- ten seit 2010 Kinder und Ju- gendliche, die wie Gloria, eine lebensverkürzende Erkrankung haben. Auch ihre Familien, Ge- schwister und Kinder schwers- terkrankter Eltern  nden hier Unterstützung. Hilfesuchende können eine Alltagsbegleitung in Anspruch nehmen und sich in Einzelgesprächen oder eine Trauergruppe beraten lassen.
Seit fünf Jahren begleitet eine Ehrenamtliche des Kin- der- und Jugendhospizdienstes auch Gloria Garrels „Nach ei- ner Operation an meiner Wir- belsäule war ich sehr froh, dass mich Hemma regelmäßig be- sucht hat. Besonders für mei-
ne Mutter war diese Unterstüt- zung wichtig, weil sie dann mal für ein bis zwei Stunden das Haus verlassen konnte“, sagt Gloria Garrels. Die Hospizbe- gleiterin ist Ansprechpartnerin für Gloria Garrels Mutter und Vertraute für ihre Tochter. „Ich hatte viele Schmerzen. Die Be- suche haben mich davon ab- gelenkt“. Auch heute noch ge- hört dieser Austausch in ihren Alltag. „Wir reden über Musik, Politik, Religion, Weltgesche- hen. Das gibt mir neue Impul- se und ist einfach gut für mich“, ist die 22-Jährige überzeugt. „Nach meiner OP bin ich kaum aus dem Haus gekommen, habe nur die Mitarbeiter vom P ege-
Ramona Bruhn-Tobler (links, Leiterin des Kinder- und Jugend- hospizdiens- tes) und Hobbykünst- lerin Gloria Garrels. FOTO: STEFANIE
LANGOS
dienst gesehen. Es war schön, dass jemand neue Gedanken mit in meinen Alltag brachte“, sagt sie rückblickend.
Gloria Garrels kann zwar nicht mehr als 500 Gramm he- ben, schwach ist die junge Frau aber trotzdem nicht. Sie hat ih- ren Weg gefunden, mit ihrer Krankheit umzugehen. „Das Zeichnen eröffnet mir neue Per- spektiven“, sagt sie. Ihre Werke bezeichnet sie als „Doodle art“. Es sind sehr  ligrane Zeichnun- gen, die aus geschwungenen Li- nien und Schraffuren bestehen. Wer genau hinschaut, entdeckt in einem Bild unzählige kleine- re – beispielsweise ein prasseln- des Lagerfeuer, ein Gitarre spie-
lender Junge auf einem Baum oder auch ein Einhorn.
Zeichnen kann Gloria Gar- rels ausschließlich in Rückenla- ge. Dazu stapelt sie zwei Kissen auf ihren Knien. Darauf kommt ein A5-Sketchblock, auf dem sie mit einem schwarzen Fine- liner arbeitet. „Linien kosten keine Kraft“, sagt sie über ihre Zeichnungen. Und trotzdem muss sie sich die Arbeit gut ein- teilen, denn ihre Muskeln über- lasten und schmerzen schnell. An manchen Werken hat die Hobbykünstlerin fast 20 Stun- den gezeichnet. Ihre Zeichnun- gen gestaltet sie immer für eine bestimmte Person. „Beispiels- weise zeichne ich Passagen aus Liedtexten. Ich bin mit jeder Li- nie verbunden und in jeder Li- nie, die ich zeichne, steckt ein Teil von mir“, sagt die junge Frau.
7 Ihre erste Ausstellung „FIRST STEPS“ erö net Gloria Garrels am Samstag, 10. September um 14 Uhr im Malteser Hospiz-Zentrum. Die kleine Schau ist eines von zahl- reichen Angeboten des Familien- festes anlässlich des fünfjährigen Bestehens der Kinder- und Jugend- hospizarbeit der Malteser.
28 VolksdorferZeitung Juni 2016


































































































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