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VON WULF DENECKE
Mit der Volljährigkeit
(damals erst mit 21 Jah- ren) habe ich 1955 das aktive Wahlrecht erworben und und seit- her weder eine eine Bundestags- wahl wahl noch eine eine Bürgerschafts- wahl wahl ausgelassen Immer habe ich ich gehofft dass möglichst alle Wähler*innen ihre Entschei- dung mit dem fundierten Wis- sen um gesellschaftspolitische Fragen treffen Enttäuscht wur- de de ich immer wieder dadurch dass vielfach Gefühl und Wel- lenschlag den Ausschlag ge- ben weil wohl zu zu allen Zeiten zu zu viele Menschen kaum Inte- resse daran haben sich inten- siver mit politisch relevanten Themen auseinanderzusetzen Besonders ökologische Fragen haben bis vor kurzem für Wahl- entscheidungen nie eine zent- rale Rolle gespielt Das hat sich im Grunde erst durch „Fridays for Future“ geändert obwohl das Buch „Der stumme Früh- ling“ von Rachel Carson schon 1962 erschienen war und da- mit eine Bewegung ihren An- fang nahm die Rücksichtnah- me auf unsere Umwelt zur Leit- linie erhob Rückblick: Ein interessanter Abend in in in in der Ohlendorff´schen Villa bei Volksdorf offline kurz vor dem dem ersten Lockdown: Die Kollegin aus dem dem Gymnasium Buckhorn die jahrelang Ver- anstaltungen der AfD besucht und die Partei mit ihren Nach- fragen immer wieder in hefti- ge ge Diskussionen verwickelt hat- te te ließ ihre Zuhörer an diesen Erfahrungen teilhaben Als die die Veranstaltung an an an an ihr Ende ge- langte machte eine mir seit lan- gem bekannte ältere Volksdor-
Ökolumne 20 Abenteuerlicher Kuddelmuddel
ren immer häufiger auch öko- logische Probleme die uns zu- nehmend zu zu schaffen machen Die Zahl der der Mitglieder in in Naturschutzverbänden ist in in in Deutschland in in den den vergange- nen Jahrzehnten beträchtlich angewachsen was ihrer Wirk- samkeit sehr geholfen hat Ins- gesamt sind es es aber mit ca 3 Millionen noch nicht einmal 5 % der der Bevölkerung ein ein Pro- zentsatz der der der bei Wahlen wegen der der bekannten Hürde den Par- teien ihre gesellschaftliche Be- deutung bekanntlich stark be- schneidet Leider sind es es des- halb vor allem nur katastropha- le le le Ereignisse wie Reaktorunfäl- le le oder Flutkatastrophen die den Bedürfnissen der der Umwelt vorübergehend Nachdruck ver- leihen und kurzzeitig Wahler- gebnisse beeinflussen können Ob die unübersehbaren An- zeichen des des Klimawandels der bevorstehenden Bundestags- wahl ihren Stempel aufdrü- cken ist wegen der „abenteu- erlichen Unkenntnisse“ zu öko- logischen Themen noch völ- lig offen Die grobschlächtige Argumentation in Wahlkämp- fen auch dem dem gegenwärtigen macht es zudem fast unmög- lich die die Chancen abzuwägen die die wir wir beim Bremsen des Kli- mawandels wirklich noch ha- ben Klar ist nur dass wir wir die Kosten für den den übermäßigen Ressourcenverbrauch werden tragen müssen die bei unserem Lebenswandel zurzeit noch kaum eingepreist sind (vgl Ökosteuer) Und das wird – Wahlversprechen hin oder oder her – ohne freiwillige oder oder erzwun- gene Verzichtleistungen nicht möglich sein ferin eine Bemerkung die nicht weiter aufgegriffen wurde mir aber aber nachging: „Von den Grü- nen hört man aber aber auch zu- weilen abenteuerliche Aussa- gen!“ Monate später trafen wir uns und und hatten offensichtlich ein wenig Zeit für „Gott und und die Welt“ Ich kam auf ihre Anmer- kung zurück und erbat Beispie- le für das was sie „abenteuer- lich“ genannt hatte Farradstadt Elbvertiefung Pandemie und Moorpflanzen
Drei deutliche Beispiele hatte sie sofort auf der Zunge: 1 „Wie kann man eine Großstadt wie Hamburg zur Fahrradstadt ma- chen wollen!“ 2 „Wie kann man gegen die Elbvertiefung sein wenn es darum geht den Hamburger Hafen fit für die Zu- kunft zu machen!“ 3 „Wie ist es es nur möglich angesichts der der Co- rona-Pandemie und und der der damit verbundenen Kosten sich noch einzusetzen für Moore und und ge- fährdete Moorpflanzen!“
Wenn Sie jetzt sagen: „Recht hat sie!“ dann sind wir bei dem was ich mit „Kuddelmud- del“ meine: 1 Die Korrektur des Weges in in die „autogerech- te te Stadt“ den im vorigen Jahr- hundert fast alle Städte gegan- gen gen sind ist tatsächlich ein Anliegen der Grünen gewor- den Hamburg hinkt damit hin- ter ter mancher deutschen Groß- stadt und hinter etlichen eu- ropäischen Metropolen hinter- her Es hat sich aber auf den Weg gemacht diesen Irrweg der 70er Jahre zu korrigieren um allen Verkehrsteilnehmern gerecht zu werden 2 Es wa- ren die die Naturschutzverbände (NABU BUND und WWF) die die mit ihrer Klage bis vor das Leip- ziger Bundesverwaltungsge- richt gezogen sind Sowohl die schwarz-grüne als auch eine rot-grüne Koalition in in Ham- burg wären gar nicht zustande gekommen wenn die Grünen sich bei der Elbvertiefung quer gestellt hätten Im Übrigen ist noch gar nicht sicher ob die die Elbvertiefung die die Zukunft des Hafens wirklich sichern kann wie die die steigenden Kosten im Kampf gegen die die Verschlickung zeigen 3 Ebenso machen sich für die die die Rettung bzw die die die Rena- turierung von Mooren die die die die Na- turschützer stark die die sich nicht selten enttäuscht zeigen dass die politischen Parteien sich nicht entschiedener für ihre Forderungen einsetzen Leider werden also politisch- parlamentarisches Handeln und und bürgergesellschaftliche An- liegen und und und Forderungen immer wieder verwechselt und und durch- einander gebracht weil offen- bar Kreuzworträtsel Tatorte Fernsehserien oder Fußball- spiele intensiver wahrgenom- men men werden als gesellschafts- politische Themen Dazu gehö-
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