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In den 1920er Jahren wurde die Karosserie von Luxusfahrzeugen (im Gegensatz zu heute) von einem Coachbuilder eingekleidet; ein Handwerk, das seinen Ursprung im Kutschenbau hatte. Das Chassis und den Motor lieferte Rolls-Royce, die Ka- rosserie und das Interieur wurde dann ganz nach den Kundenwünschen angefertigt. Für den Rolls- Royce Phantom I der SKKG führte die Firma Barker in London 1927 die Karosseriearbeiten durch. Das Design enthält viele Anleihen an dem 1926 gebau- ten Experimental Phantom 1 Continental (10EX) Prototypen, der als erster Sportwagen von Rolls- Royce gilt. Für die nötige Souveränität sorgt ein
7.7 Liter grosser Reihensechzylindermotor, der von Rolls Royce mit einer für jeden Geschwindigkeits- bereich ausreichenden Leistung beworben
wurde. In Wahrheit dürfte die Leistung bei zirka 100 PS liegen, was für eine Höchstgeschwindigkeit von 140 Stundenkilometer ausreichend ist.
Die vorliegende Art von Fahrzeugen wird aufgrund der Form ihres Hecks als «Boattail» bezeichnet.
«God knows I’m a damn good driver», soll Joe ein- mal gesagt haben. Allerdings war sie ziemlich wild unterwegs. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass der Rolls-Royce schon im Dezember 1927 nach einem Unfall zur Reparatur musste, wie aus den Unterlagen der Garage hervorgeht. Mit ihren Autos war Joe regelmässig in ganz Europa unterwegs. In Südfrankreich lieferte sie sich mit ihrem Halbbru- der Francis Francis private Rennen – beide jeweils in ihrem Rolls-Royce und oft auch betrunken.
Nicht nur auf der Strasse, sondern auch auf dem Wasser lebte Joe Carstairs ihre Abenteuerlust aus. Boote waren ihre grosse Leidenschaft. Ab 1924 nahm sie an unterschiedlichen Bootrennen teil, zuerst mit dem Segelboot und später mit Speed- booten, bei denen sie gar einen Geschwindig- keitsrekord aufstellte und diverse Meisterschaften gewann. Dass solche Rennen nicht ungefährlich waren, zeigen Zeitungsberichte: «Speedboot sinkt während Rennen – Miss Betty Carstairs ins Meer geschleudert». Bei einem anderen Rennen auf dem Lake Michigan im Jahr 1928 brach sie sich zwei Rippen, als das Boot kenterte.