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Aktion Frühjahrsputz
Überholtes Berlin/Bonn- Gesetz abschaffen
Wenn Bundesbeamte mehrmals die Woche von Berlin nach Bonn und retour unterwegs sind, ist die Rede vom geteilten Regierungs­ sitz. Grundlage ist das Berlin/Bonn­Gesetz, das nach BdSt­Schätzung mit 20 Mio. Euro Steuergeld pro Jahr zu Buche schlägt. Doch diese Doppelstruktur ist nicht nur teuer, son­ dern auch ineffizient. Daran ändert auch die Corona­Pandemie grundsätzlich nichts, selbst wenn die Pendelei krisenbedingt ab­ genommen hat und digitale Konferenztech­ nik stärker genutzt wird. Nach Corona wird der Pendel­Alltag rasch zurückkehren, den selbst die beste Videotechnik nicht vollstän­ dig ersetzen kann.
Rückblick: Seit 1994 arbeitet die Bundesre­ gierung an zwei Standorten gleichzeitig: Acht Bundesministerien und das Kanzleramt haben ihren ersten Dienstsitz in Berlin – in Bonn sind es sechs. Zudem hat jedes Ressort einen zweiten Dienstsitz in der jeweils ande­ ren Stadt. Bis heute hält die Politik an dieser Zwangsteilung fest, obwohl sie das Berlin/ Bonn­Gesetz schon seit Jahren offensichtlich unterwandert: Dieses Gesetz gibt der Politik nämlich vor, dass stets mehr als die Hälfte der Ministeriums­Mitarbeiter in Bonn statio­ niert sein muss. Doch bereits seit 2008 ar­ beiten mehr Beamte an der Spree als am Rhein – mit steigender Tendenz. Inzwischen sind in der Hauptstadt sogar 70 Prozent der Ministeriellen tätig, auch Neueinstellungen finden fast ausschließlich dort statt. Konkre­ te Beispiele des praktizierten Widerspruchs: Obwohl das Verteidigungs­ sowie das Ge­ sundheitsressort ihre ersten Dienstsitze in
Bonn haben, arbeitet jeweils mehr als die Hälfte ihrer Mitarbeiter am zweiten Dienst­ sitz in Berlin. Das Justizministerium ist nur noch mit einer Stelle am rheinischen Dienst­ sitz vertreten. Doch Bundesregierung und Bundestag – dieser ist der Gesetzgeber – kümmern sich nicht um den jahrelangen Rechtsbruch.
 Fazit: Das Berlin/Bonn-Gesetz ist eine Farce!
Die teuren Folgen zeigen sich im Arbeits­ alltag: Die 40.000 teilungsbedingten Video­ Konferenzen, die vor Corona jedes Jahr statt­ fanden, sollte es nicht auf Dauer geben müssen – zahlreiche Bundesbeamte hatten immer wieder Reibungsverluste beklagt. Auch müssen für die zigtausend hin­ und herreisenden Beamten zusätzlich 500 separate Pendlerräume in Berlin und Bonn vorgehalten werden – ergänzt um Doppel­ strukturen zum Beispiel für Post, Pförtner, Wachdienste oder Kopierräume. Diese Kosten fallen an – Jahr für Jahr, Corona hin, Corona her.
Für die Steuerzahler bleibt das Berlin/Bonn­ Gesetz ein großes Ärgernis. Denn die Dienst­ reisen werden demnächst sicherlich wieder stark zunehmen – vor der Krise waren es zu­ letzt rund 20.000, verbunden mit hohen Ar­ beitszeitverlusten bei der teuren Beamten­ schaft. Wir meinen: Schluss damit! Da die meisten Ministerien inzwischen über groß­ zügige Büro­Kapazitäten in Berlin verfügen, muss der Komplettumzug vom Rhein an die Spree jetzt endlich einmal eingeleitet werden.


























































































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