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Als ob der Monte Pellegrino meine Gedanken lesen könnte, hüllt er sich plötzlich in wolkigen Dunst und schmollt. Und da weiss ich es. Ich bin bereit. Eine kleine Abrechnung mit dem korrupten, hinterhältigen Moloch der diese Stadt lenkt. Es muss sein.
Doch zunächst einmal das schöne an dieser Stadt. Palermo. Sizilien. Die exponierte Lage der Insel ist schon in der Antike sehr nützlich gewesen. Mögliche Invasionen von fremden Mächten konnten anhand des natürlichen Bollwerks schnell entdeckt werden. Und so kam es, dass diese Insel seit jeher hart umkämpft wurde.
Da waren zunächst einmal die Griechen, die Byzantiner, die Normannen und später die Römer sehr an dem Besitz dieser Insel interessiert. Das kommt jetzt dir als Tourist sehr zugute.
Palermo, etwas weiter weg vom ständig rauchenden und spuckenden Ätna, birgt Geschichte aus tausenden Jahren menschlicher Zivilisation.
So kommt es, dass du dir auf einem Fleck gleich mehrere Epochen und Hochkulturen des Mittelmeeres ansehen kannst. Griechische Fresken, Maurische Moscheen, die heute als Kirchen genutzt werden, Ausgrabungsstätten mitten in der Stadt, die von den Normannen oder den Römern erzählen.
In Palermo sind 23 Mitarbeiter der RAP seit den Fussball EM Spielen nicht zur Arbeit gekommen. Das ist die Müllabfuhr in Palermo. Der Geruch stinkt bestimmt bis nach Catania und verleidet mir den Bummel durch diese schöne Stadt.
Wir kommen am Palazzo Forcella de Seta vorbei. Der schöne Palazzo wird aktuell gerade fleißig renoviert. So wie alles an der Promenade. Die alte Stadtmauer wirkt erneuert. Die jahrelangen Abgase haben dem schönen Sandstein über Jahrzehnte zugesetzt. Jetzt erstrahlt er teilweise wieder in diesem wunderschönen honigfarbenen Ton. Wir gehen durch das Tor, das uns zum Piazza della Kalsa führt.
KONTRASTE PALERMO – VON SUPERREICH BIS BETTELARM
Dort liegen unter den Seitenbögen Matratzen und Habseligkeiten von Obdachlosen, die bis auf einen betrunkenen Mann mit afrikanischem Migrationshinter- grund, aber verlassen sind.
Ich nehme an, man besorgt sich in der Stadt mittels betteln die nötigen Münzen für das tägliche Überleben – oder den nächsten guten Alkohol-rausch.
Der junge Mann aus Afrika bemerkt uns nicht. Er liegt komatös auf seiner Matratze. Ich zähle unauffällig die Bierflaschen um ihn rum und kann mir vorstellen, warum er sich nicht bewegt.
Als wir vom NH Hotel in die Stadt einbiegen, ist es schon um Zehn Uhr vormittags sehr warm. Vor allem die Luftfeuchtigkeit dürfte eine sehr hohe sein. Palermo dampft förmlich.
“PALERMO IST WIE EIN SCHMUCKKÄSTCHEN, GEFÜLLT MIT PRETIOSEN AUS TAUSENDEN JAHREN MENSCHHEITSGESCHICHTE.”
Wenn dich das ab-schreckt, ist Palermo viel-leicht nicht das Ideale für dich. Hier empfehle ich dir mit einem kleinen Touristen-APE’s die Stadt im Schnelldurchgang anzusehen.
Für “Menschen mit Kreislauf” empfehle ich, die Exkursionen auf keinen Fall in der Mittagszeit zu unternehmen.
Unser Hotel liegt unweit des Foro Italico einer recht hübschen Promenade mit Blick auf das Meer und den Hafen. auf der vierspurigen Straße tummeln sich viele Autos, es wird gehupt, die Sirenen scheinen nie zu verstummen. Ein seltsamer Geruch liegt in der feuchten Luft, der das Atmen schwierig macht. Was zur Hölle stinkt denn hier so entsetzlich?
PALERMO’S KONTRASTE – DAS
EWIGE DILEMMA MIT DEM
MÜLL
Die Müllcontainer sind heillos überfüllt. Neben dem geruchsneutralen Plastikmüll macht sich ein stechender Geruch nach Verwesung bemerkbar. Organische Reste zersetzen sich in der Sonne bei knappen 35 Grad.
Die üblichen “Verdächtigen” werden hier innerhalb einer Stunde abgefahren, in miesem Englisch, aber stolz präsentiert. So eine Fahrt ist vor allem eines, rasant und witzig. Ob du danach Palermo wirklich kennst? Ich denke nicht.
Trotz steigender Kriminalität, dem Migrations-und Obdachlosenproblems kannst du dich relativ sicher in der Stadt bewegen. Tagsüber ist das kein Problem. In der Nacht würde ich jedoch nicht zurück durch das Tor des Palazzo Forcella müssen. Schon gar nicht als Frau und alleine.
ZU FUSS DURCH PALERMO’S
HISTORISCHEM STADTKERN
Wir gehen weiter auf der Via Torremuzza, vorbei an einem bunten Gemüse und Fischhändler. Im Schatten der Bäume sitzen drei alte Fischer auf klapprigen Holzstühlen an einem Tisch der sich vor Knoblauch förmlich biegt und putzen die Knollen. Erste Hausfrauen stehen am Gemüsestand und feilschen mit dem Händler um den besten Preis. Es wird gelacht geschimpft und gequatscht.
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