Page 6 - Volksdorfer Zeitung Februar 2017
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UMSATZRÜCKGANG
Wochenmärkte in Gefahr
Wenn der Mittwoch stirbt, ist auch der Sonnabend tot!
ler hinzu, die (mit ihrer Mut- ter) auf manches Jahrzehnt des Volksdorfer Wochenmarkts zu- rückblicken kann.
Vorschläge für die „Rettung des Mittwochs“ haben sich die Händler selbstverständlich auch gemacht: Die Verkaufs- zeit könnte in den Nachmit- tag hinein gezogen, eine erhöh- te Standgebühr, die dann auch für den Mittwoch gilt, könn- te am Sonnabend eingezogen werden... Die Bezirksverwal- tung zeigt sich aufgeschlossen für Vorschläge, betont aber, dass sie keinerlei Kosten verur- sachen dürften. Allerdings hob sie die Standgebühren im Lau- fe der Jahre erheblich an und – eine deutliche Ungerechtig- keit? – treibt für das Stehenlas- sen der Verkaufswagen auch Mietgebühren ein, während Privatleute ihren PKW kosten- los abstellen dürfen.
Zukunft hängt auch von den Verbrauchern ab
Zu Änderungen im Sinne der Lösungsvorschläge ist es bis- her noch nicht gekommen, was auch damit zusammenhängt, dass die Interessen der Händ- ler auseinander gehen. Vor dem Hintergrund der Tatsa- che, dass andere Wochenmärk- te schon „abgewickelt“ wur-
VON WULF DENECKE
Sonnabends ist es im-
mer noch so: Wenn man längere Warteschlangen ver- meiden will, muss man vor dem Frühstück auf dem Markt ein- kaufen gehen. Hat man dage- gen Zeit fürs Wochenende und Lust auf ein Schwätzchen mit Freunden und Nachbarn, dann verschiebt man das bis danach. Und für die Händler brummt der Laden... So war es seit Lan- gem – aber das könnte sich bald ändern! Denn am Mittwoch sieht es schon ganz anders aus: „Früher habe ich auch am Mitt- woch 100 Stiegen Erdbeeren verkauft, jetzt sind es manch- mal nur sechs“, sagt Malte, den die Händler zu ihrem Vertre- ter gewählt haben, der jedoch meistens nur noch am Sonn- abend kommt und dafür sonn- tags auf dem Fischmarkt steht. Auch für die anderen ist der Umsatz in den letzten Jahren am Mittwoch total eingebro- chen. Frühmorgens ist platter- dings „tote Hose“. Bei schlech- tem Wetter bleibt es zuweilen so – bei gutem wird es am spä-
teren Vormittag etwas belebter. Schon jetzt bleibt mittwochs mancher Platz leer...
Der Volksdorfer Wochen- markt gilt noch als einer der le- bendigsten und schönsten in Hamburg. Das wird nicht so bleiben, wenn die Volksdor- fer den Mittwoch sterben las-
Früher habe ich
auch am Mittwoch
100 Stiegen Erdbeeren
verkauft, jetzt sind es
manchmal nur sechs.
Malte Jahn, Obst- und Gemüse- händler mit Stammpublikum
sen. Wer mit Käse oder Tro- ckenfrüchten handelt, kann ei- nen umsatzschwachen Mitt- woch leichter verkraften als der Erzeuger von Gemüse oder Obst, der nur an zwei Wochen- tagen seinen Stand beschicken kann, weil er auch den Hof be- wirtschaften muss und nach ei- nem miserablen Mittwoch wo- möglich einen Großteil seiner
Frischware verderben sieht. Aber ohne die Stände mit Blu- men und frischem Gemüse von Betrieben aus den Vierlanden und ohne die Wagen mit fri- schem Fisch werden auch die übrigen Händler den Markt nicht lange aufrecht erhalten können. Denn für wen ist der Wochenmarkt noch attraktiv, wenn dort nur Käse und Wollso- cken angeboten werden?
Wie konnte es im Verlauf we- niger Jahre soweit kommen? Über die möglichen Gründe ha- ben sich auch die Markthänd- ler Gedanken gemacht, ehe sie sich um ein Gespräch mit dem Bezirksamt bemühten.
Die Beschäftigungssituation hat sich nachhaltig verändert: Viel mehr Frauen (und Müt- ter!) sind halb- oder ganztägig berufstätig; die Schulen haben sich auf den Weg zur Ganztags- schule gemacht und beköstigen viele Schüler in der Mittagszeit; es wird weniger gekocht, weil der Trend zum Convenience Food sich verstärkt hat. „Und auch jeder Supermarkt hat heute ein vielfältiges Käsesor- timent“, fügt Birte Brockmöl-
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