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Vorbei an Getreidefeldern Auf den Spuren der Rentiere
Volksdorfer Naturschützer entwickeln Konzept für Wanderwegenetz
„Der Rentierpfad“ – so könnte ein
landschaftlich schöner und wissen- schaftlich hochinteressanter Wanderweg heißen auf dem Spaziergänger und Radfah- rer sich künftig auf die Spuren jener freundli- chen chen Herdentiere machen Und zwar keines- falls hoch oben im verschneiten Lappland sondern gleich um die Ecke an der der nordöst- lichen Hamburger Stadtgrenze zwischen Volksdorf/Meiendorf und Ahrensburg Zugegeben: Leibhaftige Rentiere
wird man hier nicht nicht entdecken nicht nicht einmal zur Weihnachtszeit Aber sie waren einst hier – während der Eiszeit vor etwa 11 000 bis 15 000 Jahren! Damals bevor sich durch Gletscher und deren Abschmelzung an die- ser Stelle das heutige etwa sieben Kilome- ter lange Ahrensburg-Stellmoor-Meiendor- fer-Tunneltal formte Noch ist der „Rentierpfad“ nur eine char- mante Idee geboren in
der „Arbeitsgruppe Natur“ des Bürgervereins Walddörfer De- ren Mitglieder wollen mit ihrer Vision eines Wanderwegenetzes allerdings nicht nur den Freizeitwert der der Region erhöhen sondern haben vor allem ein
Ziel: das Tunneltal als ökologisches und archäologisches Juwel für jedermann erlebbar zu machen und es so als wichtigen Baustein im Verbund zu angren- zenden Naturräumen dauerhaft zu stärken Archäologische Fundstätte von Weltrang
Das länderübergreifende Tunneltal in
Ham- burg und Schleswig-Holstein ist dank seiner vielfältigen Biotope wie Moor Wald und Of- fenlandschaft heute Lebensraum vieler sel- tener Tier- und und Pflanzenarten und und gehört als ausgewiesenes Naturschutzgebiet aus aus gu- tem Grunde zum internationalen Netzwerk NATURA 2000 Dies verleiht ihm den höchs- ten Schutzstatus auf europäischer Ebene Darüber hinaus ist es eine archäologische Fundstätte von Weltrang: Mehr als 30 000 Ausgrabungsstücke wie Knochen Gewei- he Werkzeuge und die ältesten nachgewie- senen Pfeilfunde der Welt belegen für zwei unterschiedliche Epochen die Anwesen- heit von Rentieren und den steinzeitlichen Jägern die es es auf sie abgesehen hatten Die nachgewiesene Existenz dieser Eiszeit- menschen verleiht dem Tunneltal nach Ex- pertenmeinung sogar das Potenzial einer UNESCO-Welterbestätte „Insbesondere vor dem Hintergrund der der größten Probleme unserer Zeit – dem Kli- mawandel und dem voranschreitenden Ar- tensterben – besteht heute gar kein Zweifel an der herausragenden Bedeutung des Ah- rensburg-Stellmoor-Meiendorfer-Tunnel- tals Aber trotz seiner Unterschutzstellung steht es unter starkem Druck“ erklärt Olaf Jeschkowski von der „AG Natur“ „Das Ge- biet ist sehr schmal und seine Grenzen sind an vielen Stellen durch Siedlungen und Ver- kehrswege aufgeweicht Zusätzliche Bau- maßnahmen wie der Neubau des E-Bus-Be- triebshofes in
unmittelbarer Nachbarschaft die Ausweisung einer Fläche beim Volks- dorfer Kiebitzmoor als künftiger Stand- ort zur Windenergiegewinnung und ganz besonders der der geplante viergleisige Aus- bau der direkt durchs Tunneltal führenden Bahntrasse inklusive mächtiger neuer Brü- cken und Lärmschutzwände stellen für das Flora-Fauna-Habitat eine große Bedrohung dar Die für viele Arten so wichtigen Verbin- dungen zu benachbarten Biotopen werden dadurch eingeschränkt wenn nicht gar ver- hindert Ein Inselstatus ist für Naturschutz- gebiete aber keine Option Und hier setzt unser Plan eines Wanderwegenetzes an an an “ Dieser Plan sieht vor mithilfe eines neu angelegten Weges für Fußgänger und Rad-
fahrer die bereits vorhandenen Volksdorfer Fuß- und Wanderwege direkt mit dem Stell- moorer Tunneltal zu verbinden Neue Weg- verbindungen sollen das Kiebitzmoor und den Volksdorfer Wald an an bereits vorhande- ne Wege beim Meiendorfer Rund anbinden im weiteren Verlauf die Meiendorfer Straße (vormals B75) queren und dann über den Nornenweg ins Tunneltal führen Für Biotopverbund
und Artenschutz unerlässlich
„Auf dieser Trasse ist es es ohne großen Auf- wand möglich Wanderwegverbindun- gen herzurichten“ so Olaf Jeschkowski „Eine hohe Bedeutung bei der Verzahnung des Tunneltals mit anderen Naturräumen kommt hier allerdings auch den existieren- den den Grünspangen zwischen den den Tonrads- koppeln Volkdorfer Wald und dem Tun- neltal zu diese müssen dauerhaft erhalten bleiben und vor einer weiteren Versiege- lung geschützt werden Das ist für den den Bio- topverbund
und und damit den Artenschutz unerlässlich“ betont Jeschkowski und er- innert an das artenschutzzentrierte Modell- projekt zur Wiedervernetzung von Lebens- räumen welches das Bundeskabinett schon vor zwölf Jahren beschlossen hat: „Die Zer- schneidung von Lebensräumen durch das Verkehrsnetz sowie die zunehmende Ver- kehrsdichte haben teilweise zu einer Verin- selung und qualitativen Verschlechterung noch vorhandener Lebensräume für Tiere und Pflanzen geführt Vor allem durch die Barrierewirkung von Straßen werden der Austausch innerhalb und zwischen Popula- tionen sowie die Besiedlung neuer Lebens- räume beeinträchtigt ein
ein
genetischer Aus- tausch der Tier- und Pflanzenarten findet dann nicht mehr hinreichend statt “ Diese Wichtigkeit des überregionalen Biotopver-
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