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 Als damals junger Mann in den späten 1950er Jahren fiel mir auf dem Areal der CIBA AG der ele-
gante, dunkelgraue Rolls-Royce auf. Es handelte sich um die Chauffeur- Limousine für wichtige Besucher der Firma. Zu diesem Fahrzeug ent- wickelte ich eine Liebe und genoss jeweils den wunderbaren Anblick, verbunden mit einer gewissen Ehr- furcht. Ich versuchte, mir vorzustel- len, wie es sich wohl anfühlte, darin herumchauffiert zu werden. Das Gefühl, der Genuss, das Summen des Motors, der Leder-/Holzgeruch des Interieurs. Es schien alles so un- fassbar und doch so nahe, denn der Wagen stand ja vor mir.
Hanspeter Axt, Therwil
 Und dann der grosse Schock für mich: Eines Tages erfuhr ich vom damaligen Personalchef, dass der Wagen 1959 in einen grösseren Unfall verwickelt gewesen war und nicht mehr zu reparieren sei. Ein frontaler Crash! In der Folge wurden Motor und Getriebe der Gewerbeschule Basel geschenkt. Wo sie sich wohl heute befinden?
Meine Begegnung mit dem Personalchef führte auch dazu, dass er mir die beiden farbigen Ver- kaufsprospekte aus dem Jahre 1948 schenkte, die er aus seiner Bibliothek herausnahm. Er spürte meine Begeisterung für den Wagen. Zu Hause stellte ich dann fest, dass auf den Prospekten der Firmenstempel Wederich & Krähenbühl, Vorgänger- firma der heutigen Autohaus Wederich, Donà AG, aufgedruckt war. Auch wurden handschriftliche Preisangaben durch den Personalchef angebracht: CHF 58‘000 plus WuSt. Wenn man sich vorstellt, dass man damals für diesen Betrag vielleicht mehr als ein Dutzend VW Käfer hätte kaufen können, so ist das eindrücklich. Und wie sieht das Verhältnis heute aus?
Als Folge des erlittenen Unfallschadens des Rolls- Royce 1948 bestellte die CIBA AG 1959 ebenfalls bei Wederich & Krähenbühl zwei neue Bentley S2. Die in zwei Grautönen gehaltenen, identischen Pre- ziosen mit hellbeiger Lederausstattung verliehen den beiden Fahrzeugen einen Touch von Ehrwür- digkeit und hohem Luxus. Einzig das Nummern- schild unterschied die Autos.
In der Folge entwickelte ich zum verantwortlichen internen Garagenchef einen guten Draht. So durfte ich hin und wieder über Mittag den Kopf unter die offene Motorhaube stecken und die stets neu aus- sehenden, garagegepflegten Bentleys bewundern. Bezüglich des Kaufpreises erfuhr ich von einer internen Quelle, dass für jedes Fahrzeug ein Preis von CHF 78‘000 fakturiert wurde. Für den Normal- bürger schlicht undenkbar und unerreichbar.




























































































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