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 Joe Carstairs (1900 – 1993) – eigentlich hiess sie Marion Barbara – kam aus vermögendem Haus.
Ihr Grossvater war, zusammen mit den Brüdern William und John Rockefeller, einer der Gründer der amerikanischen Ölfirma Standard Oil. Als 1925 Joes Mutter starb, bildete dieses Erbe die finanzielle Grundlage für ihr wildes Leben.
Ihr Hang zu Abenteuern und Geschwindigkeit kam schon in jungen Jahren auf. Bereits 1916 war Joe
– sechzehnjährig – als Ambulanzfahrerin des Ame- rikanischen Roten Kreuzes in Paris im Einsatz. Hier lernte sie ihre erste Liebe kennen, Dorothy «Dolly» Wilde, die Nichte des bekannten Schriftstellers
Oscar Wilde. Eine von vielen Beziehungen, die noch folgen sollten. 1921 gründete Joe mit zwei Freundinnen, die mit ihr als Ambulanzfahrerinnen gedient hatten, in London eine Garage und einen Fahrdienst mit Luxusfahrzeugen. In der Garage wurden bewusst nur Frauen angestellt.
1927 kaufte Joe Carstairs vier silbergraue Rolls- Royce, vermutlich ist das Exemplar im Besitz der SKKG eines davon. Laut der Rechnung zahlte sie für diesen einen Rolls-Royce Phantom I 1850 £.
Ein stolzer Preis, wenn man bedenkt, dass ein neu- er Ford Touring damals für 150 £ zu haben war.
 Der Rolls-Royce von Greta Garbo – mit dieser Zuschrei- bung wurde der Rolls-Royce Phantom I von 1927 jahrelang durch Georges Filipinetti im Schloss Grandson ausgestellt. Jedoch gibt es keine einzige Quelle, die diese Behauptung stützt. Im Kaufvertrag des Rolls-Royce von 1927 ist «Miss M.B. Carstairs» aufgeführt und
um diese schillernde Frau soll es
im Folgenden gehen: Eine Frau mit tätowierten Armen, die sich männ- lich kleidete, Speedbootrennen fuhr, offen lesbisch lebte und sich später ihr eigenes kleines Reich auf den Bahamas aufbaute.
Christian Kunz und Dominic Studer Wissenschaftliche Mitarbeiter bei der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte
























































































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