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Kolumne
WDer Preis ist heiß
as darf ein Wein kosten oder was muss er kosten, damit er gut ist. Die wichtigste Fra- ge ist jedoch: Wie viel sollte er kosten, damit der Winzer überleben kann. Die Frage
wird immer wieder von dem einen oder anderen mehr oder weniger gekonnt beantwortet. Aber so richtig schlau wird man nicht, wenn man den großen Vor- denkern im Wein zuhört, und über die vielen tausend „normalen Winzer“ sprechen die Granden sowieso nicht. Gesprächsthema sind immer die „Spitzen- weingüter“. Die anderen lässt man mal so nebenbei mitlaufen. Und wenn mal ein Wein eines „kleinen“ Weingutes probiert wird, man feststellt, der Wein ist absolut top, dann, ja dann wird er als Enddeckung gefeiert. Das dieses Weingut schon seit vielen Jahren Weine in dieser Qualität produziert, wird unter den Tisch gekehrt.
Wie in allen Bereichen ist eben auch in der Weinindustrie das Marketing zu einem wesentlichen Bestandteil geworden. Es konzentriert sich auf die Großen, mit deren Namen man werben kann, auf große Unternehmen, die die Mittel dazu haben, und auf Weinwerbungen international, die die Bedürf- nisse der Winzer in den Vordergrund stellen. Und durch Marketing wird die Nachfrage gesteigert und die steigende Nachfrage erhöht den Preis oder die Menge. Da beim Wein nicht einfach nachproduziert werden kann, erhöht sich also automatisch der Preis. Für die meisten Winzer, national oder auch interna- tional, bleibt kein Spielraum, da die Mittel für das entsprechende Marketing fehlen.
in unserem Lande regt sich über die großen Marken auf, die schon seit Jahrzehnten industriell gefertigt werden. Ist ja Premium Pilsener. Aber beim Wein wird dies verurteilt. Allerdings trinke ich dann lieber einen Wein für 3,00 € aus einer großen Bodega oder Genossenschaft, als ein Craft Bier für 5,00 €.
Übrigens ist die Diskussion über günstige Weine in keinem anderen Land so extrem wie bei uns. Dem Land, in dem der Slogan Geiz ist geil in alle Haushalte eingezogen ist. Gleichwohl: Günstig ist immer eine Frage der De nition.
Bei einem Mindestlohn von 9,00 € kann keiner 30,00 € für eine Flasche Wein ausgeben. Dies ist vielleicht für einen ehemaligen Finanzminister mit vielen Nebeneinkünften möglich, der nach seiner Aussage keinen Pinot Grigio für 5,00 € trinken würde. Eins ist jedoch sicher: Wein und Politiker haben eine Gemeinsamkeit: Der Preis des Weines bzw. das Ge- halt eines Politikers sind kein eindeutiger Beweis für die Qualität, die dahinter steht. Und das ist mir bei Politikern schon häu ger aufgefallen als beim Wein.
Als Fazit zum Preis kann ich nur sagen: Der beste Wein, den ich trinken kann, ist der, der mir persönlich genau in dieser bestimmten Situation am besten schmeckt. Der Landwein in Italien am Strand, der Burgunder zum besonderen Essen oder der leichte Riesling im Sommer auf der Terrasse. Und was mir am besten schmeckt, entscheide ich selbst, unabhängig vom Preis, von Auszeichnungen und Medaillen und vor allem von unseren Wein-Gurus, die sich meistens den Wein, den Sie empfehlen, selbst nicht leisten können.
Die Reblaus
Allein in Rheinland-Pfalz produzieren die noch 9.000 W
existierenden Betriebe (1970 waren es noch 28.000) schätzungsweise 30.000 verschiedene Weine pro Jahr!!! Und dies zu Preisen ab 3,50 €. Und meistens ist bei 8,00 bis 9,00 € pro Flasche Schluss. Wohlbe- merkt Winzerbetriebe aus Rheinland Pfalz mit einer durchschnittlichen Größe von circa 5 bis 6 Hektar.
Dies bedeutet, dass der Verbraucher beim Kauf von Wein bis 5,00 € ohne Wenn und Aber einen gu- ten Wein oder sehr guten Wein erwarten kann. Und das nicht nur aus Massenware, sondern auch von vielen kleinen und guten Winzern, die noch nicht die gesamte Maschinenindustrie in ihrem Unternehmen stehen haben. Das bezieht sich nicht nur auf Rhein- land-Pfalz oder Deutschland, international ist dies genauso zu sehen. Beim Bier hat man heutzutage die Manufaktur neu erschaffen und verkauft es teuer als Craft Bier.
Und wenn wir gerade dabei sind. Kein Biertrinker
The price is right
hat should a wine cost, or rather, what does it have to cost in order to be good? The most important question is, however: how much should it cost for the wine producer
to make a living? People are always answering this question with greater or lesser degrees of accuracy. But you won‘t really get to know the answer by lis- tening to the great visionaries of wine production - not that they ever consider the many thousands of „normal wine producers“ anyway. The „top wi- neries“ are the ones that people talk about. Other vineyards are just left to keep up if they can. And if a wine from a „small“ vineyard is tasted and found to be superb, it‘s treated as a „discovery“. The fact
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