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Historisches Kalenderblatt 11/2025
Am 4. November 1850 lief die Kor- den, aber lange vernachlässigten preußi- Anfang November 1850 lief die mercur
vette mercur als erstes preußisches Kriegsschiff zu einer Überseereise aus. Nicht die nach dem Scheitern der Revolu- tion von 1848 aufgelöste gesamtdeutsche Reichs- oder Bundesflotte, sondern die parallel aufgebaute Preußische Marine wurde zum Vorläufer der späteren Kaiser- lichen Marine. Zum Schutz der See- und Handelsinteressen seines wirtschaftlich aufstrebenden Königreichs hatte König Friedrich Wilhelm IV. am 5. September 1848 den Ausbau der seit 1815 bestehen-
schen Flotte angeordnet. Dazu wurde die bislang dem Finanzministerium unterste- hende Korvette amazone zusammen mit dem Postdampfer preuSSiScher adLer in die Marine übernommen. Hinzu kamen zwei kleine Dampfschiffe und einige neu erbaute Ruderkanonenboote. Aufgrund von Spannungen mit der vorläufigen Reichsregierung in Frankfurt am Main wurde die Preußische Marine jedoch nicht der Bundesflotte unterstellt, sondern ver- blieb unter dem Befehl von König Fried- rich Wilhelm IV.
Trotz knapper Finanzmittel machte der Aufbau der Preußischen Marine Fort- schritte. Weitere Schiffe wurden in Dienst gestellt oder in Auftrag gegeben. Unter anderem übernahm die Preußische Marine 1850 den Ostindienfahrer mer- cur aus dem Bestand der „Preußischen Seehandlung“, einem 1772 gegründe- ten, staatlichen Außenhandelsunterneh- men, das nach Aufgabe des infolge der seit 1848 andauernden dänischen Seeblo- ckade verlustreichen Reedereigeschäfts in ein staatliches Bankinstitut umgewan- delt werden sollte.
Die 43,25 m lange und 8,20 m breite mer- cur war am 22. Juli 1847 auf der Werft von J. W. Klawitter in Danzig vom Sta- pel gelaufen. Nach der Übernahme in die Marine wurde die als Vollschiff geta- kelte mercur zunächst als Glattdeckskor- vette klassifiziert. Ihre Bewaffnung aus sechs Karronaden wurde 1851 um sechs 26-Pfünder-Bombenkanonen verstärkt.
zu ihrer ersten Überseereise aus, die vor allem der Ausbildung der eingeschiff- ten Schiffsjungen und Offizieranwär- ter diente. Von Swinemünde führte die Route über Helsingör, Falmouth, die Insel Madeira, die Kanareninsel Teneriffa über den Atlantik nach Brasilien, wo die mercur die Häfen Salvador da Bahia und Rio de Janeiro anlief. Anfang März 1851 begann die Rückreise, die eigentlich über Kap- stadt verlaufen sollte. Wegen ungünsti- ger Windverhältnisse musste die mercur jedoch den Kurs ändern. Am 29. Mai 1851 lief die Korvette in Stettin ein.
Während der gesamten Reise hatte sich gezeigt, dass die mercur ein schlechter Segler war, weshalb sie bei späteren Aus- landsreisen nur noch als Transportschiff eingesetzt wurde. Als solches nahm sie von Oktober 1852 bis Juni 1853 gemein- sam mit der Fregatte geFion und der Korvette amazone an der ersten Aus- landsreise eines preußischen Geschwa- ders teil, die ebenfalls nach Südamerika führte und neben Ausbildungszwecken auch handelspolitischen Zielen diente. Ende September 1853 ging die mercur mit der Fregatten geFion und der Rad- korvette danzig auf eine Mittelmeer- reise, die aber wegen des Krimkriegs im März 1854 abgebrochen wurde. Danach fand die mercur hauptsächlich stationäre Verwendung als Schul- und Wohnschiff. 1860 wurde sie wegen ihres schlechten Zustands außer Dienst gestellt und im fol- genden Jahr abgewrackt. 7
Schiffsdaten
Flagge
Preußen
Bauwerft
J. W. Klawitter, Danzig
Stapellauf
22. Juli 1847
Verbleib
1861 abgebrochen
Länge × Breite
43,25 m (KWL) × 8,20 m
Tiefgang
2,8 m (max)
Verdrängung
850 t
Besatzung
60 bis 157 Mann
Takelung
Vollschiff/Glattdeckskor- vette/Transportschiff
Geschwindigkeit unter Segeln
13 kn (max)
Bewaffnung
6 Karronade,
ab 1851 6 x 26-Pfünder
17.05.18 14:53
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