Page 8 - Aude Sapere
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Berichte
Franz Wurm(b)i und der frühe Versuch einer universitären Verankerung der Homöopathie
Die aktuelle Diskussion, ob Komplementärmedizin und vor allem Homöopathie an den Universitäten unterrichtet werden soll, bzw. ob zur Homöopa- thie geforscht werden soll, ist eine, zumindest in Österreich sich wiederholende Situation. Einer, der sich um 1840 massiv dafür einsetzte, die Homöo- pathie an die Universität zu bringen war, Franz Wurm(b).
Franz Wurm wurde am 22.6.1806, in Neumarkt im Hausruckkreis in Oberösterreich als Sohn eines wohl- habenden Leinwandhändlers geboren. Wurm ab- solvierte – so wie Adalbert Stifter – das Gymnasium
in Kremsmünster in der Zeit von 1816 bis 1824. Die Wege von Wurm und Stifter kreuzten sich auch spä- ter nochmals als Stifter von Wurmb wegen eines Is- chiasleiden homöopathisch behandelt wurde und er auch Jahre später seinen Bruder in die Ordination von Wurmb schickteii. Er war ein hervorragender Schüler, studierte anschließend in Wien und Pavia/Paduaiii Me- dizin. Gründe, warum er zur damaligen Zeit bereits im Ausland studierte, dürften unter anderem die Handels- beziehungen seines Vaters zu Italien gewesen sein und zur Vertiefung seiner italienischen Sprachkenntnisse. Wurmb erwarb sich sehr große Verdienste um die Homöopathie in Österreich. Er nahm an fast allen homöopathischen Arzneimittelprüfungen der 1840er Jahre teil. Er schrieb eine Monographie über Arse-
nik, andere Monographien blieben unveröffentlicht. Wurmb war neben Watzke derjenige, der die Wie- ner Homöopathieschule am stärksten prägte. Er unter- richtete und wurde 1850 Leiter der homöopathischen Abteilung des Spitals in der Leopoldstadt, das er zum neuen Zentrum der Wiener Homöopathie machte. Mit seinem ersten Assistenten Caspar verfasste Wurmb 1852 die „Homöopathisch-klinischen Studien“, ein Spi- talsbericht mit genauer Diagnose und Begründung der Mittelwahl.
Am 10.10.1864 verstarb Wurmb nach längerem Lei- den. Schon in seinen letzten Lebensjahren war er im- mer wieder von Phasen längerer Krankheit gezeichnet, die Arbeit in seiner gut gehenden Praxis setzte er ohne auf seine Gesundheit zu achten fortiv.
Ähnlich wie in der Gegenwart war die Homöopathie Mitte des 19. Jahrhunderts in der Bevölkerung sehr beliebt. Viele Personen des öffentlichen Lebens setzten damals auf diese Heilmethode. So auch der Schwa- ger von Wurmb, der Professor für allgemeine Patholo- gie und Pharmakologie an der k.k. med. chir. Josephs- Akademie in Wien, Joseph von Zlatarovich war. Seine Begeisterung für die Homöopathie wurde nach seinen Untersuchungen immer stärker; schlussendlich verlor er seine Professurv. Auch diese Situation ist uns aus der Gegenwart bekannt, ein Bekenntnis zur Homöopathie kann einem Universitätslehrer das Leben erschweren. Zur Zeit Wurmbs kam es zu einer Professionalisierung und Spezifizierung in der Medizin und somit hoffte er, dass auch die Homöopathie ihren Platz an den Uni- versitäten finden könne. 1842 schrieb er ein Gesuch zur Bewilligung „außerordentlicher Vorlesungen über Homöopathie für angehende und selbst praktizierende Ärzte“. Ein Argument von ihm war, dass die Homöo- pathie immer beliebter wurde und daher eine fundierte Ausbildung für Ärzte sinnvoll wäre. Ein weiterer Grund war, dass die Homöopathie sehr oft mit der Kurpfu- scherei in Verbindung gebracht wurde. Von Wurmb wurde ein Konzept erstellt, welches den zuständigen Instanzen vorgelegt wurde. Im Buch „Homöopathische Spurenvi“ von Sonia Horn ist dieses vollständig nachzu- lesen. Sein Konzept entsprach im Großen und Ganzen inhaltlich dem, wie auch heute die postpromotionelle Ausbildung zum „Ärztekammerdiplom Komplementär- medizin – Homöopathie“ angeboten wird.
Auch damals gab es Professoren, die sich gegen die Homöopathie aussprachen. Einer davon war auch Gut- achter des Konzeptes von Wurmb. Wie nicht anders
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