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// Jahrestag //
Tag der Deutschen Einheit - eine persönliche Bilanz
1989 war ich 30 Jahre alt und damit in den Händen Einzelner befinden und der Veranstaltungen des
einem Alter, in dem die Jugend gerade Hartz IV Empfänger mit sehr wenig
vorbei ist, Familiengründung und abgespeist wird. Kirchenkreises Erfurt
berufliche Festlegung sta�gefunden zum Tag der Deutschen Einheit
Jetzt , nach 32 Jahren, ist bei mir eine
ha�en und mich wie alle anderen
gewisse Ernüchterung eingetreten. Viele
Menschen in der DDR eine gewisse Rest-
Ödnis im Leben erwartet hä�e. Aber es Krisen bedrohen uns, das beginnt bei der
kam ja ganz anders. Meine Eltern und Pandemie ,reicht über Klima und
Energiefragen bis hin zu Krieg, Gewalt
meine eigene Familie , als Christen und als
und neuem Denken in Feind und Freund,
Pfarrfamilie, wir waren immer
einschließlich einer wieder beginnenden
Außenseiter gewesen, haben nie ganz
atomaren Bedrohung. Die Grenzen
dazu gehört, blieben immer ein wenig
außen vor, manchmal durchaus auch poli�scher Möglichkeiten sind sichtbar
misstrauisch betrachtet nicht nur von geworden, die Demokra�e erodiert, der
Umgang von Behörden mit Menschen
behördlicher Seite. Dieser
erschreckt mich und ich höre von anderen
Außenseiterstatus ha�e auch Vorteile und
und habe es selbst erfahren, wie schwer
wir genossen mehr innere und teilweise
auch mehr äußere Freiheiten als andere es einem gemacht wird zurecht zu
im Land. Trotzdem haben wir immer kommen und sich zurecht zu finden. All
das führt bei mir zu Gefühlen von
versucht, dem Leben und den Aufgaben in
persönlicher Ohnmacht und dem
der DDR gerecht zu werden und unseren Am 3.10.22 11.30 Uhr Kaufmannskirche:
Eindruck, den Entwicklungen hilflos
Platz auszufüllen. Der Au�ruch in die
ausgeliefert zu sein. . Früher gab es in der Ökumenischer Festgo�esdienst mit dem
Demokra�e war von vielen Hoffnungen Gospelchor GospelGroove aus Mainz und den
begleitet und manche haben sich auch Kirche dieses schöne Bild: wenn viele fresh vocals aus Erfurt
erfüllt. Materiell gesehen hat meine Menschen an vielen Orten viele kleine
Schri�e tun, wird sich das Angesicht der ( Ev. Kirchenkreis Erfurt und das Ev. Dekanat Mainz)
Familie ein gutes Auskommen, das wir so
Erde verändern. Daran habe ich früher
in der DDR nie gehabt hä�en und diese 5.10.22 12.30 Uhr Kaufmannskirche
geglaubt, aber ich sehe das heute anders.
Erfahrung teilen wir mit nicht wenigen im Go�esdienst und Gespräch der Genera�onen
Weil eben viele Menschen an vielen Orten
Land. Wir haben etwas gesehen von der in Erinnerung an den
Welt, wir fühlten uns gut zuhause in der keine kleinen Schri�e tun und zu wenig "doppelten Go�esdienst" am 7.10.1989
Bundesrepublik. Befremdet hat mich Umdenken sta�indet, weder in den - Projekt von Schüler*Innen des
Etagen der Wirtscha�, nicht in der Poli�k,
allerdings immer diese Zunahme des Ev. Ratsgymnasiums,
nicht beim Einzelnen. Das nimmt mir viel
Monetären, alles war und wird finanziell mit dem Ministerpräsidenten
von meiner Hoffnung für diese schöne
getaxt, alles hat mit Geld zu tun, alles ist zu Bodo Ramelow,
Erde, auf der auch mein Enkel eigentlich
bezahlen oder bleibt unbezahlbar. Neu Regionalbischof Tobias Schüfer
lernen musste ich auch, wie reich noch glücklich werden sollte. und Zeitzeugen
Menschen auf Kosten anderer werden Susanne Sydow Bild: kaufmannsgemeinde-erfurt.de/kaufmannskirche/
können, wieviele Millionen Euro sich in
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