Page 26 - VZ 11 März 2016
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Die Zeltgestalt des Kirchenschi s erinnert an „das wandernde Gottesvolk“, an die Befreiungs- geschichte Israels und der Christenheit wie an das Unterwegssein der Menschheit insgesamt.
TEIL 2 DIE KIRCHE HEILIG KREUZ
Standhaft, eigenwillig und engagiert
Die römisch-katholische Pfarrkirche „Heilig Kreuz“ hat es „in sich“
In den ersten Jahr-
zehnten des 20. Jahr- hunderts lebten nur wenige katholische Familien in den Hamburger Walddörfern. Einige baten den Bischof von Osnabrück, in den Walddörfern eine Gottesdienststätte einzu- richten. Der Bischof sagte un- ter der Bedingung zu, dass „we- nigstens hundert Katholiken aus den Walddörfern“ diese Bit- te durch ihre Unterschrift be- stätigen. Man brachte die Un- terschriften zusammen – die Liste im Pfarrarchiv beweist, dass auch schon Kleinstkinder mit „unterschrieben“ haben. Am 2. Weihnachtstag des Jah- res 1931 wurde der erste Got- tesdienst in der Schulbaracke am Bahnhofsweg (heute Claus- Ferck-Straße) gehalten. Am 29. September 1933 wurde das Grundstück an der Farmsener Landstraße 181/183 erworben und das dort stehende Gebäude – eine frühere Landarbeiterka- te – zum Pfarrhaus umgestaltet.
Die Architekten Kamps und Benselmann bauten unmittel- bar daran die erste kleine Kir- che. Am 26. August 1934 wur- de die Kirche durch Bischof Dr. Wilhelm Berning konsek- riert. Angefangen hatte aber al- les 1933, im Jubiläumsjahr des Kreuzestodes Jesu Christi (da man den Kreuzestod und die Auferstehung, für das
Jahr 33 nach Christi Geburt ansetzte und somit ein „Heiliges Jahr“ feierte). Deshalb erhielt die Kirche den Titel „Hl. Kreuz“ Volksdorf. Die ersten Gemein- deglieder deuteten diesen Kir- chennamen auch als heimli- chen Protest gegen das damals propagierte Hakenkreuz.
Die erste Kirche wurde in den
Jahren 1964 bis 1965 nach Plä- nen von J. Rau und W. Buns- mann durch das heutige Ge- meindezentrum ersetzt. Eben- falls als eine Art Protest wur- de 1996 das von Paul Gerhard Scharf entworfene Turmkreuz aufgerichtet: eine Reaktion der Gemeinde auf das Urteil des Verfassungsgerichts von 1995, wonach Kreuze oder Kruzi xe in staatlichen Schulen nicht aufgehängt werden dürfen.
Der heutige Bau nimmt als erster Neubau in Norddeutsch- land (wenn nicht weltweit) entscheidende Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) zur Feier des Gottes- dienstes in seiner Architektur auf. Ihm liegt ein klar erkenn-
bares theologisches Konzept zugrunde. Die Zeltgestalt erin- nert an „das wandernde Got- tesvolk“, an die Befreiungsge- schichte Israels und der Chris- tenheit wie an das Unterwegs- sein der Menschheit insgesamt. Der Grundriss (s. Gra k) der Architekten Bunsmann, Helle, Rau, Scharf ist eine Art Ellipse: Der Bau hat keine tragenden Wände; „die sichtbaren tragen- den Pfeiler des Daches laufen in den beiden Brennpunkten des Raums zusammen. Entspre- chend sind die Brennpunkte unten, die Orte für die beiden Sakramente der Nähe Gottes, aus denen das Leben der Ge- meinde erwächst.“ Durch die Taufe wird der Mensch Christ und durch die Eucharistie (das Abendmahl, wörtlich „Dank- sagung“) bleibt der Mensch Christ. Die Stellung von Taufe und Altar ist das Kennzeichen und Merkmal dieser Kirche.
Ihre weitere Innengestal- tung: Tabernakel und Ewiges Licht, Ambo und Stele, die vier- zehn Kreuzwegstationen und drei Statuen sowie die Orgel ordnen sich den beiden Brenn- punkten unter.
Kurz: Die Kirche, gelegen nur wenige Meter vom U-Bahn- hof Volksdorf entfernt, an der Farmsener Landstraße 181, ist ein unschätzbares Kleinod - nicht nur in unserem Stadtteil.
Probst i.R. Lehmann
stellt das Kirchenensemble in Volksdorf vor
26 VolksdorferZeitung März 2016
Im September 1933 wurde ein Grundstück an der Farmsener Land- straße 181/183 erworben, auf dem der erste Kirchenbau entstand.


































































































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