Page 25 - Volksdorfer Zeitung VZ 30 Sommer 2018
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  Notare zählen in Ham-
burg zwar zu den selte- nen Spezies: Für die 1,8 Mil- lionen Bewohner der Hanse- stadt sind zurzeit lediglich 75 Notare bestellt. Trotzdem hat man sich lange gewundert, wa- rum keiner von ihnen sein Büro in Volksdorf hat. Neuerdings hat sich diese Frage jedoch er- ledigt. So mancher Bürger, der in den letzten Wochen die ehe- maligen Räume des Kunden- zentrums des Bezirksamts in der Farmsener Landstraße 202 (gegenüber der U-Bahnstati- on Volksdorf) aufsuchte, stellte erstaunt fest, dass dort nun ein Notariat ansässig ist. Notar Dr. Morten Mittelstädt hat im zwei- ten Obergeschoss über der Poli- zeiwache seit dem 1. März sei- ne Amtsräume.
Mittelstädt, ein an der schles- wig-holsteinischen Westküs- te in Heide geborener und auf- gewachsener Norddeutscher durch und durch, ist einer der ersten Absolventen der renom- mierten Bucerius Law School in Hamburg. Im Anschluss folg- te die Referendarausbildung am Kammergericht Berlin und die Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl von Prof. Dr. Florian Faust für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht und Rechtsvergleichung. 2014 wurde er in den Notaranwärter-
dienst der Stadt Hamburg ein- gestellt und Ende 2017 zum No- tar ernannt. Mit seinen beiden Mitarbeiterinnen Tanja Wilcke und Sandra Warnke bietet er im „Notariat Volksdorf“ sämt- liche notariellen Dienstleistun- gen an.
Mittelstädts Entscheidung, in Volksdorf ein Notariat „von Null“ zu gründen, d.h. an ei- nem neuen Standort und ohne jegliche Anknüpfung an beste- hende Notariatsstrukturen, hat absoluten Seltenheitswert, wie er berichtet: „Üblicherweise schließt sich ein Notar in Ham- burg nach der Ernennung mit anderen Berufskollegen zusam- men oder übernimmt als Ein- zelnotar zumindest die Ver- waltung der Akten eines aus- geschiedenen Notars. Denn da- durch fällt der Start in die Selb- ständigkeit deutlich leichter, da schon eine Bürostruktur und Mandantenbasis vorhanden ist, an die man anknüpfen kann.“
Bevölkerungsstruktur und Lebensqualität
Trotzdem entschied sich Mit- telstädt für die Neugründung seines Notariats in Volksdorf. Für des Standort sprachen ent- scheidend die Bevölkerungs- struktur und die hohe Lebens- qualität, die die Walddörfer bieten. Hier leben viele ältere Menschen, zugleich ist Volks-
NEUGRÜNDUNG
Endlich: Volksdorf hat ein Notariat
dorf auch bei jungen Familien ein sehr beliebter Stadtteil. Bei- de Bevölkerungsgruppen be- nötigen besonders häufig no- tariellen Rat, wenn es etwa um Testamente, General- und Vor- sorgevollmachten oder Ehever- träge geht. Hinzu kommt, dass hier überdurchschnittlich vie- le Bürger in den eigenen vier Wänden wohnen. Da ist der Be- ratungsbedarf in Grundstück- angelegenheiten – einem der klassischen Tätigkeitsschwer- punkte der Notare – hoch.
Großer Beratungsbedarf zur Vorsorgevollmacht
Die ersten Monate haben ge- zeigt, dass insbesondere ein großer Beratungsbedarf zum Thema Vorsorgevollmachten besteht – ein wichtiges The- ma, wie Mittelstädt findet: „Im Grunde kann jeder jederzeit in die Lage kommen, nicht mehr für sich selbst sorgen zu kön- nen. Wenn sich dann Angehö- rige oder andere Bezugsper- sonen kümmern wollen, ver- schafft ihnen die Vorsorgevoll- macht hierfür eine rechtliche Grundlage außerhalb des auf- wendigen gerichtlichen Betreu- ungsverfahrens.“ Aufklärung tut hier allerdings Not. Mittel- städt nennt in diesem Zusam- menhang zwei populäre Irrtü- mer, die viele Betroffene da- von abhalten das Richtige zu tun: „Eheleute glauben häufig zu Unrecht, sie könnten sich ge- wissermaßen kraft Eheschlie- ßung gegenseitig vertreten und bräuchten daher gar keine Vor- sorgevollmacht. Das ist aber nicht so. Andere, die das The-
Notar Morten Mittelstädt wird tatkräftig unterstützt von seinen Mitarbeiterinnen Tanja Wilcke und Sandra Warnke.
ma auf dem Schirm haben, be- sorgen sich Textmuster aus dem Zeitschriftenhandel oder dem Internet und halten die Angele- genheit damit für erledigt. So- bald jedoch zum Vermögen ein Eigenheim gehört, bedarf es zur Vorlage beim Grundbuchamt einer öffentlichen Vollmacht, die nur unter Mitwirkung eines Notars erteilt werden kann. Ei- nen Verbraucherkreditvertrag kann man sogar faktisch über- haupt nur mit einer Vorsorge- vollmacht schließen, die nota- riell beurkundet ist.“
Schon einige Volksdorfer haben hierfür und für ande- re Geschäfte (Erbscheinsan- träge, Grundstückskaufverträ- ge, GmbH-Gründungen usw.) den Weg ins Notariat gefun- den. Manchmal ist es auch nur eine Beglaubigung (z.B. der Abschrift eines Zeugnisses für eine Bewerbung), die sich jetzt für die Volksdorfer auf kurzem Wege und ohne langen Vor- lauf im Notariat erledigen lässt – und das ist dann in der Regel sogar noch deutlich günstiger als die beglaubigte Abschrift, die früher am gleichen Ort im Kundenzentrum erstellt wur- de. Mittelstädt war selber über- rascht, als er hier einmal nach- gerechnet hat: Die Beglaubi- gung eines 12-seitigen Doku- ments kann im Kundenzentrum bis zu 64,80 EUR kosten, beim Notar kostet sie nur 12 EUR plus Mehrwertsteuer.
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