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Und woran erinnert man sich seit 1948? an. Freiwillige Helfer mit Hilfe von Spaten und Schaufel boten sich an. Resultat:
Nach ein paar Wochen brach man das unmögliche Unterfangen ab.
Torsten Wetzel versucht Einiges aus der Vergangenheit herauszufinden. Und
zwar mit Hilfe eines Interviews mit einem TSV- und Fußball-Oldie. Siegmar ist seit Und wann hörte die Kuh-Story auf?
dem Jahr der Neugründung des Vereins nach dem 2. Weltkrieg, also seit 1948, 1964 entstand der Sportplatz hinter dem heutigen Bürgerhaus. Eine echte Errun-
Mitglied im TSV! genschaft. Duschgelegenheiten gab es nach wie vor nicht. Wie gewohnt war un-
Lieber Siegmar, nach runden 76 Jahren im TSV kommt jetzt die Chance im sere Umkleidekabine ein Scheunenbereich beim Bauern Wrage-Brors, schräg ge-
Gedächtnis zu graben. genüber vom Sportplatz und wir nutzten ausgemusterte Melkeimer mit Kaltwas-
ser. Das störte den Mannschaftsgeist nicht, denn anschließend gab es Bier in der
Vielen Dank für die Gelegenheit. Ich werde mein Restgedächtnis quälen:
dortigen Gaststube.
Beim Neustart des TSV nach dem Krieg (31.8.1948) erkannte meine alleinerzie-
hende Mutter sofort, dass ein nervender 11-Jähriger im Fußballverein gut aufge- Und wie kamt ihr zu Auswärtsspielen?
hoben sein könnte. Und so war es auch. Damit hatte sie mehr Zeit, in Nahe ein Die Möglichkeiten waren begrenzt. Aber sportbegeisterte Eltern und Betreuer fan-
kleines Textilwarengeschäft zu eröffnen. den immer eine Lösung: Transport im kuscheligen Backwarentransporter im Dun-
Übrigens: Der Neustart des TSV basierte auf der Initiative der damaligen Lehrer keln aber mit drehbarer Belüftung der Bäckerei Rathje. Oder auf einem ausrei-
der „Volksschule“. Bislang kannte ich die Herren nur aus dem Unterricht, in dem chend gesäuberten Schweinelaster von Hans Dill, oder im vornehmen aber über-
sie, wenn es nötig war, Schülern mit einem Lineal zärtlich, aber wirkungsvoll, auf ladenen PKW vom Kaufhaus Braasch. Um nur einige Möglichkeiten zu nennen.
die Finger klopften. Die Gründung eines Sportvereins hätte ich ihnen nie zuge- Und wie lief es bei diesen Randbedingungen mit deiner Fußballkarriere?
traut.
Karriere hört sich geschwollen an. Ich erfreute mich in jeder Altersgruppe an mei-
Der Monatsbeitrag von 30 Pfennigen für Jugendliche war erschwinglich. Also nem Lieblingssport, dem Fußballspiel. Ohne gespendete Sportklamotten, ohne
zählte ich sehr bald zu den 50 Mitgliedern des Vereins. Und Hans-Jürgen Rathje Ablösesummen, einfach nur am Sport in einem attraktiven Verein.
übrigens auch. Alle waren in guten Händen von TSV-Betreuern.
Die Karriereleiter hieß Knaben, Schüler, Jugend, Jungmann, Herren. Heute muss
Und wo habt ihr gespielt? man das Alphabet rückwärts können, damit man die Jahrgänge von F bis A unter-
Kaum zu glauben: Bolzen konnte man damals zeitweise noch auf der heutigen scheiden kann.
B432. Ab und zu kam mal ein holzgetriebener LKW vorbei, und die Gören mach- Schon damals spielte der TSV mit seinen Herren in der „Spitzenliga“, genannt Be-
ten Platz. Rumgedattelt wurde natürlich auch auf dem damaligen Schulhof der zirksliga. Hochrangige Gegner wie z. B. Gut Heil Lübeck, Bad Oldesloe, Reinfeld
Volksschule in der Mühlenstraße. und Bargteheide waren eine echte Herausforderung. Manchmal gingen bei diesen
Für den Heimspielbetrieb gab es zunächst für ca. 2 Jahrzehnte die Hauskoppel Monstergegnern allerdings auch Spiele fast zweistellig verloren. Ein Zeitungsaus-
von Tidows Gasthof. (Heutige Apotheke an der Ecke Segeberger Straße/Waken- schnitt dokumentiert 1958 eine 0:9 Niederlage.
dorfer Straße.) Dort war auch unser Vereinslokal. Es hat sich herumgesprochen, dass du nicht nur sportlich aktiv warst, son-
Diese Hauskoppel, also unser damaliges „TSV-Stadion“, bleibt intensiv in Erinne- dern dich auch anderweitig eingebracht hast. Gibt es dazu einen Kommen-
rung. Dort brauchte man nicht mehrmals in der Woche gemütlich auf einem Auf- tar?
sitzmäher sitzend den Rasen kurzhalten. Nein, grasende Kühe nahmen diese Ar- Na gut. Wenn es denn sein muss: Das Sportlerleben im TSV ist wirklich nicht das
beit ab. Allerdings mit dem Resultat, dass matschartige Hinterlassenschaften vor Einzige, was unvergesslich bleibt. Es gibt da noch eine Vielzahl von Aktivitäten, in
jedem Spiel mit Schubkarre und Schaufel eingesammelt werden mussten, damit die ich eingebunden sein durfte.
die hohen Präzisionsflanken nicht abrupt vom Kuhfladen gestoppt wurden.
Ich durfte
Es gab aber auch eine Schnapsidee für ein neues Fußballstadion mit Tribüne:
Nämlich eine Lehmkuhle der abgerissenen Ziegelei, dort wo der Bauer Oldenburg - den Übungsleiterschein erringen und somit auch Sportabzeichen abnehmen,
heute am Ende von Nahe seinen Hof hat. Die Schrägungen boten sich als Tribüne - den TSV-Beitrag für das über viele Jahre erfolgreiche Naher Dorffest mit gestal-
ten,
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