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WIE LÄNDLICHE
RITUALE UND
MYTHEN
WEITERLEBEN
Auch
wenn über dem Feld schon eine KI-gesteuerte
Drohne schwebt – das bäuerliche Brauchtum,
jahrhundertealt und eng mit Kalender und Kirche
verknüpft, ist keineswegs nur noch Folklore. Es stiftet
Orientierung und Gemeinschaft und hält kulturelle
Wurzeln intakt.
TEXT Raimund Witkop
L andwirtschaft ist seit jeher tief verwoben mit den
Kreisläufen der Natur und damit verbundenen Traditionen“,
heißt es bei der Initiative „Landwirt schafft Leben“,
die für die gesellschaftliche Einbindung der Landwirtschaft
wirbt. Rituale, Feste, Bräuche – all das hat einst das Leben
abseits der Städte bis ins Detail geprägt, manchmal mit religiösem
Hintergrund, manchmal ohne. Manches ist immer
noch sichtbar, mitunter verwandelt, obwohl gerade in den
1950er-Jahren vieles verschwunden ist. Sandra Angermaier,
Kreisheimatpflegerin in Erding, erklärt das so: „In den Jahren
des Wiederaufbaus nach dem Krieg wollte man modern
sein und hatte auch keine Zeit für alte Sitten.“
Dennoch ist Brauchtum immer noch vital und verbreitet. „Bräuche stiften Identität und Gemeinschaft“, sagt
Katja Boser, Kulturwissenschaftlerin am Lehrstuhl für
europäische Ethnologie der Uni Augsburg. Sie hat in einer
Feldstudie den Schäfflertanz in Dinkelscherben (bei Augsburg)
untersucht und festgestellt: „Eine solche Tradition ist
lebendig und hat eine wichtige Funktion für Familien und
die örtliche Gemeinschaft.“ Was einmal wichtig war und es
zum Teil immer noch ist, lässt sich entlang des Jahreskalenders
zeigen:
Raunächte und Lichtmess: Die Nächte nach Weihnachten
waren magisch, dunkel und gefährlich. Der Mythos, man
dürfe in der Zeit keine Wäsche waschen, hängt mit der
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