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MARIO MAINETTI: Warum eine Ausstellung über den Körper?
ELMGREEN & DRAGSET: In dieser postindustriellen Realität scheinen wir unseren Körper immer weniger zu be- nutzen Nahezu alles ist digitalisiert und findet auf Bildschirmen statt und unsere physische Existenz wird in der westlichen Welt immer entbehrlicher Um dieses Phänomen zu untersuchen und eine Aus- stellung zu konzipieren die eine Diskus- sion über die die Folgen dieser Umstellung die sich auf jeden Aspekt unseres Lebens auswirkt - von der Art und Weise wie wir arbeiten über unsere Gesundheit und und unsere zwischenmenschlichen Beziehun- gen bis hin zu der Art und Weise wie wir kommunizieren und Informationen auf- nehmen - war nicht nur etwas mit dem wir uns eine Zeit lang eingehend befassen wollten sondern verbindet viele verschie- dene Elemente und Themen die wir im Laufe der Jahre in unseren Skulpturen und Installationen behandelt haben Themen wie Einsamkeit Erwachsen- werden romantische Beziehungen und verschiedene Lebensformen sind in in unse- rem gesamten Werk auf unterschiedliche Weise präsent und beziehen sich alle auf unsere Wahrnehmung des Körpers Als das Konzept für diese Ausstellung einmal feststand schien es es im Kontext unserer gesamten Arbeit und zu diesem Zeit- punkt immer mehr Sinn zu ergeben NICCOLÒ GRAVINA: Wie artikuliert sich dieses Thema in Bezug auf die die ver- schiedenen Schattierungen der Ge- schlechtsidentität und insbesondere auf die Untersuchung der vielen Ausdrucks- formen des männlichen Universums die Teil eurer Praxis ist?
ELMGREEN & DRAGSET: Wir haben den Körper als Thema seit dem Beginn unserer Zusammenarbeit erforscht seit unseren ersten gemeinsamen Perfor- mances bei denen wir uns zum Beispiel gegenseitig die gestrickten Kleidungsstü- cke abnahmen Da unsere eigenen Erfah- rungen und Realitäten oft Ausgangspunkt für bestimmte Projekte oder Skulpturen sind waren unsere Körper und männ- liche Körper im Allgemeinen ein ein natürli- ches Thema dem wir nachgehen wollten Da wir zwei schwule Männer sind die nicht immer oder nur schwer mit den eher machohaften Formulierungen des Männlichen in in in in Einklang zu bringen sind haben wir intuitiv ein breiteres Spekt- rum von Identitäten und geschlechts- spezifischen Belangen und das zeigt sich oft in unserer Arbeit- man könnte He von 2013 als Beispiel für für diese diese für für diese diese Fluidität nehmen Mit dieser männli- chen chen Version der der dänischen Skulptur der der kleinen Meerjungfrau die ursprünglich eine öffentliche Arbeit mit dem Titel Han (2012) war haben wir eine Menge Leute verärgert vor allem weil die männliche Figur mit zur Seite gelegten Beinen sitzt - eine Position die traditionell als weiblich gilt Da der Standort für die öffentliche Skulptur ein ehemaliger Werftanleger war fanden einige dass die Figur nicht das (männliche) Bild eines Metallarbeiters repräsentierte Das war vor nicht einmal zehn Jahren und Dänemark behauptet von sich selbst eines der sozial liberalsten Länder der der Welt zu sein Wir debattieren in unseren Arbeiten oft über männliche Zerbrechlichkeit Das Bild des „starken Mannes“ ist schwer aufrechtzuerhalten und und kann leicht in Frage gestellt und und er- schüttert werden Es ist spannend die verschiedenen Ver- mittlungen des Männlichen zu verhan- deln die nicht immer im im Vordergrund stehen - die die die die die die in den Medien oder von der Geschichte an an den Rand gedrängt werden und selten als gesellschaftliche Ideale präsentiert werden wie Angst Ge- fühle der der Isolation oder sozialer Druck Elmgreen & Dragset
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