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Im September 2016 erzielt Egon Müller bei der Weinversteigerung in Trier einen neuen Rekord. Er verkauft den Scharzhofberger Alte Reben von 2015 für 160 Euro die Flasche. Der hohe Preis für einen normalen Auslesewein ist signi kanter als der Rekordpreis für die Trockenbeerenauslese im Jahr zuvor, glaubt Max von Kunow. „Das ist ein Zeichen, dass das ganze Gebiet wieder oben dran ist.“ Kurz darauf schreibt Annegret Reh-Gartner einen Brief an Mitarbeiter und Freunde: „Ich weiß jetzt, dass ich den Kampf trotz Optimismus und Kampfgeist (...) verloren habe.“ Im selben Brief ernennt sie drei Leute aus ihrem Team zu Geschäftsführern. Wenige Tage später stirbt sie im Alter von 61 Jahren. Am 10. Oktober 2016 wird Annegret Reh-Gartner beerdigt. Nach ihrem Begräbnis gibt es einen Scharzhofberger von 2014.
Alle Kollegen sind gekommen, bis auf Roman Niewodniczanski, der an diesem Tag nach Amsterdam musste.
„Man muss sich auch fragen, was ist der Sinn des Lebens. Nur Geld verdienen kann es ja nicht sein“, sagt Max von Kunow wenige Tage nach ihrem Tod. Er hat drei Praktikumsstellen für Flüchtlinge ausgeschrieben, „Wein ist ein zentraler Punkt in vielen Kulturkreisen, Wein verbindet“.
„Was bleibt übrig?“, fragt sich Egon Müller am selben Tag. Er erwähnt die Pionierarbeit, die Reh- Gartner für die Rehabilitation des Saarweins geleistet habe. „Ich glaube, dass sie sich mit dem, was sie hier geleistet hat, ein Denkmal gesetzt hat.“ Es ist Mitte Oktober, und hinter ihm liegt ein schwieriges Jahr. „2016 wird für mich immer ein Jahr sein, das mit dem Leiden und Sterben von Annegret verbunden ist“, sagt Müller, und mit Dauerregen und Falschem Mehltau, den er selbst mit Fungiziden nicht in den Griff bekam, ein Jahr, über das sich schließlich gnädig ein goldener Herbst legte. Die Trauben sind erst spät reif geworden, und die Ernte wird wohl erst im November eingefahren sein. Dann wird der Berg Winterschlaf halten, und seine Gärtner werden in alle Himmelsrichtungen ausschwärmen, um von ihm zu erzählen, von seinen alten Reben, seinem rauen Klima, von einem schwierigen Jahr und einem Wein, in dem all das enthalten sein soll.
ZEITmagazin Nr. 46/2016
*GROSSE LAGE THE PEAK OF THE PYRAMID
Designates the very best vineyards of Germany, within which the  nest parcels have been narrowly demarcated. The wines produced from grapes grown in these sites have tremendous aging potential. These vineyards are planted exclusively with the very  nest grape varieties that are ideally suited to the site’s soils. Subject to the most stringent production criteria, these wines form the peak of the pyramid.
www.scharzhof.de
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