Page 42 - Herbst Nachlesen LSLB-Magazin
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ZUM 100. TODESTAG
VON CAMILLE
SAINT-SAENS
DER VERMUTLICH EINZIGE UNIVERSALIST DER MUSIKGESCHICHTE
KOLUMNE GERD PÖLZL
WAS WEISS MAN VON CAMILLE SAINT-SAËNS?
Jeder kennt vermutlich den „Karneval der Tiere“ vom Schulunterricht oder von einem Musikprogramm für Kinder. Das Standard- Beispiel für Programmmusik, so haben wir es gelernt.
Doch wer war dieser Mensch?
Aufgrund seines Todesjahres 1921 gilt er als einer der großen Jahresfürsten von 2021. Von ihm behauptet der bekannte Impressionist Claude Debussy:
Doch werfen wir einen Blick auf die Anfänge dieses wirklich außergewöhnlichen Menschen:
ER WAR EIN WUNDERKIND
Mit zweieinhalb Jahren konnte er bereits lesen. Mit drei Jahren hat er sein erstes Stück komponiert. Als Zehnjähriger gab er sein erstes Konzert. Er war aber nicht nur musikalisch begabt, sondern auch sprachlich. So übersetzte er einfach mit 7 Jahren bereits lateinische und griechische Texte.
Man möchte meinen, das ging nur mit strenger Disziplin. Weit gefehlt! Als er mit zweieinhalb Jahren Klavier zu spielen begann, hatte er bereits nach einem Monat die gesamte Klavierschule durchgearbeitet. Er schrieb selbst: „Man konnte einem Knirps wie mir natürlich keinen regelrechten Klavierunterricht geben, aber ich schrie so verzweifelt, wenn man das Instrument wieder verschloss, dass man es schließlich offen ließ und mir einen kleinen Hocker davorstellte.“
Doch die Lebensumstände dieses überaus begabten und fleißigen Kindes waren alles andere als rosig. Sein Vater starb, als er noch ein Baby war. Er wurde von zwei Witwen, seiner Mutter und seiner Großtante aufgezogen, die materiell kaum sichergestellt und voller bedrückter Erinnerungen waren, wie er selber schrieb. Camille war schwächlich, mager und blass. Er war nur zu Hause, durfte keinen Umgang mit anderen Kindern pflegen und auch nicht in die Schule gehen. Was für eine traurige Kindheit! Hochbegabt und emotional ausgetrocknet.
Camille blieb unnahbar als Mensch. In der Musik offenbart sich kaum die Seele des Komponisten. Die Musik bleibt kühl, fast wie am Reißbrett entworfen, akademisch, mechanisch.
Doch es gab etwas, wo seine Gefühle zum Ausdruck kamen:
SEINE LIEBE ZUR ORGEL
Er war der wildeste, verrückteste und beste Orgelspieler, den Paris jemals gehört hat. Seine sonntäglichen Improvisationen waren so beliebt, dass sogar die Großen der musikalischen Welt kamen: Clara Schumann, Anton Rubinstein und Franz Liszt. Letzterer behauptete ganz lapidar: „Saint-Saëns ist der beste Organist der Welt.“ Organist war sein Brotberuf, den er 20 Jahre lang bis 1877 ausübte.
Er wurde aber auch für etwas anderes sehr bekannt.
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