Page 9 - Art Auction December 7 & 8 2019 Lempertz (German Text)
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JAPAN – GIGAKU-MASKEN DER MEIJI-ZEIT

            Gigaku war ein Maskentanz, teilweise komisch, teilweise tragisch, der aus China während der Asuka-Zeit (552–645) nach Japan
            eingeführt wurde. Es gab im Wesentlichen nur 14 Protagonisten, die Anzahl der Maskentypen ist daher überschaubar.

            Die folgenden gigaku-Masken sind ein gutes Beispiel der zahlreichen Kopien von gigaku-Tempelmasken aus dem 7. und 8.
            Jahrhundert aus dem Shôsôin und wichtigen Tempel in Nara, die in der Meiji-Zeit angefertigt wurden. Die Gründe hierfür sind
            nicht ganz eindeutig. Einerseits sollten für den Ernstfall der Zerstörung durch Erdbeben und Feuer Kopien bedeutender Werke
            vorhanden sein, andererseits sollten die Meiji-zeitlichen Kunsthandwerker die alten Techniken, vor allem die kanshitsu-Technik,
            untersuchen, üben, beherrschen und weitergeben. Auftraggeber waren beispielsweise Machida Hisanari (1838–1897), Direktor
            des Museums des Kaiserlichen Haushalts in Tokyo, der 1874 Kano Tessai beauftragte, Kopien aus dem Shôsôin anzufertigen, oder
            möglicher Kunsthändler wie Hayashi Tadamasa (1853–1906), von dem Ernst Grosse 1903 in Paris solche Kopien erwarb.
            Für das Studium der frühen Techniken eigneten sich gigaku-Masken auf Grund ihrer Größe besser als überlebensgroße Figuren.
            Zahlreiche solcher Kopien von gigaku-Masken aus dem Shôsôin sowie den Tempeln Tôdaiji und Hôryûji sind bekannt. Allein die
            Ethnologische Sammlung in Freiburg i.B. besitzt über 57 solcher Exemplare. Auch das Museum fünf Kontinente in München be-
            sitzt drei solcher Masken. Alle kamen sie über Ernst Grosse (1962–1927) in die Sammlungen. Sie tragen rückseitig eine Inschrift
            in Rot und sind Kano Tessai mosu und mit kaô signiert.
            Die meisten existenten signierten
            Maskenkopien stammen von Tessai.
            Er fertigte diese in verschiedenen Ma-
            terialien an: aus Paulownia (kiri)-Holz,
            das er mit Gesso grundierte und mit
            Leimfarben bemalte, aus Trockenlack,
            den er farbig lackierte, oder wie Klein-
            schmidt behauptet aus einer linoleu-
            martigen Masse mit einem Farbüber-
            zug, der, weil er keinen Leim enthält,
            nicht abblättert (P. Kleinschmidt,
            Die Masken der Gigaku, Wiesbaden
            1966, S. 18). Einige wenige Masken
            sind datiert, z.B. eine Kuron-Maske
            auf das Jahr 1893 (Lempertz, Köln,
            23./24.11.2001,Lot 926) oder eine
            Trockenlackmaske auf das Jahr 1896
            (Kano Tessai ten, shirazaru meiko,
            Gifu 2003, Kat.-Nr. 56).
            Häufig findet man auf gigaku-Masken
            rückseitig aufgeklebte beschriftete
            Papierstreifen, sie enthalten den Na-
            men der Maske, die 1897 eingeführte
            Designierung kokuhô (Nationalschatz)
            oder den Tempelnamen, wo sich
            das Original befindet. Zum Schluss
            steht der Name des Künstler/Kopis-
            ten, gefolgt von dem Terminus saku
            (gemacht) oder mosu (kopiert). Diese
            Namen sind schwer zu lesen und auch
            weiterhin nicht bekannt. (PJS)








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