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51] Epilepsie beim Hund
von Dr. Jennifer Nehls <<
bis zu fünf prozent aller Hunde sind von krampfanfällen unterschiedlicher dauer und intensität betroffen, damit zählt die epilepsie zu den häufigsten chronisch-neurologischen erkrankungen des Hundes. epileptische anfälle entstehen aufgrund kurzzeitiger funktionsstörungen im Gehirn, die durch spontane entladungen von nervenzellgruppen im Großhirn gekennzeichnet sind und durch starke reize ausgelöst werden. bei einem generalisierten krampfanfall, der dem klassischen bild eines epileptischen anfalls entspricht, breitet sich dieser elektrische impuls von einem fokus ausgehend über das gesamte Gehirn aus (frühere bezeichnung: Grand mal). bei einem fokalen anfall breitet sich der impuls hingegen nur in einem teil des Gehirns aus (frühere bezeichnung: petit mal), wobei das risiko einer generalisier- ten ausbreitung über das ganze Hirn und somit die möglichkeit eines generalisierten anfalls besteht. bei einem fokalen Geschehen differenziert man zwei formen: den einfachen und komplexen fokalen krampfanfall. bei einem einfachen fokalen Geschehen, das für den besitzer nicht immer leicht zu erkennen ist, fällt klinisch nur eine lokal begrenzte Veränderung auf, zum beispiel das motorische zucken einer muskelgruppe. der komplexe fokale anfall geht zusätzlich mit einer bewusstlosigkeit des Hundes einher.
 HUND UND GESUNDHEIT
 pHasen eines Generalisierten anfalls
Als Aura bezeichnet man die Phase, die kurz vor einem Anfall auftritt und nur wenige Sekunden oder Minuten, manch- mal aber auch Tage andauert. Ob der Hund in dieser Phase ähnlich wie der Mensch über eine besondere Wahrnehmung ver- fügt, ist nicht beurteilbar. Sein ungewöhn- liches Verhalten mit einer besonderen Anhänglichkeit oder Unruhe lässt jedoch eine Art Aura – wie sie beim Menschen auftritt – vermuten.
Der eigentliche Krampfanfall (Iktus), der meist einige wenige Minuten andau- ert, zeigt sich durch Das-zu-Boden-Stür- zen und die Bewusstlosigkeit des Hundes. Einer initialen Versteifung folgen Krämpfe des Hundes, die sich durch Ruderbe- wegungen der Beine und Kaukrämpfe
des Kiefers erkennen lassen. Es folgt eine Phase der Entspannung mit einem relativ kurz anhaltenden erneuten Krampf. Häu- fig wird das Geschehen von Speicheln und einer Schaumbildung vor dem Maul sowie unkontrolliertem Urin- und Kotver- lust begleitet. Verletzungen der Zunge, wie sie beim Menschen häufig auftreten, sind beim Hund eher selten zu beobachten.
Nach dem Krampfanfall befindet sich der Hund in der postiktalen Phase, die sich durch Desorientiertheit, Rastlosigkeit, ein vorübergehend eingeschränktes Sehver- mögen sowie vermehrten Hunger und Durst auszeichnet. Dieser Zustand dauert meist nur wenige Minuten, wobei sich die Phase bei mehreren Anfällen, die innerhalb eines Tages oder einiger weniger Tage auf- treten, auch verlängern kann und unter Umständen über Wochen anhält. Auf- grund der Desorientiertheit und der ein-
geschränkten visuellen Wahrnehmung neigt der Hund mitunter zur unbeabsich- tigten Aggressionen gegenüber dem Men- schen, sodass ein erhöhtes Verletzungsri-
Abb. 1: Im Rahmen der Diagnostik müssen verschiedene Differenzialdiagnosen nach dem VETAMIN-D-Schema ausgeschlossen werden. (Abb.: Jennifer Nehls)
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