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SVP
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wie Alufolie und Plastiktüten stellten die Entwickler anfangs
TECHNIK STECKT BEREITS IN VIELEN AKTUELLEN vor ein Problem. Damit die App die vielen Reflexionen nicht
SMARTPHONES mit Spionagekameras verwechselt, testet die Software jetzt zu-
Bisher gab es keine einfache Möglichkeit, um sich gegen die nächst, ob die Lichtpunkte rund genug sind. Linienförmige
heimliche Videoüberwachung zu wehren. Man kann zwar und rechteckige Reflexionen werden ignoriert. Schliesslich
spezielle Detektoren kaufen, die versteckte Kameras aufspü- prüft eine mit 10.000 Fotos von Minilinsen trainierte künst-
ren sollen, doch deren Ausbeute war bisher eher bescheiden, liche Intelligenz (KI), ob es sich um eine Kamera oder viel-
denn bisher eingesetzte Detektoren versuchen, Funksignale leicht doch nur um ein Bohrloch in der Wand handelt.
oder Magnetfelder zu erkennen, die von Spionagekameras
emittiert werden. Dadurch ist es zwar möglich, die Anwesen-
heit einer versteckten Kamera nachzuweisen. Ihren Standort
aber kann man so nicht feststellen. Auch Rotlichtsensoren,
die auf versteckten Linsen Reflexionen erzwingen sollen, sind
lange nicht so effizient wie die LAPD-App.
Den Erfindern des Antispionage-App ist wichtig, dass ihre
Software auf gewöhnlichen Smartphones funktioniert. Ein-
zige Voraussetzung: Das Gerät muss mit einem sogenannten
Time-of-Flight-Sensor (ToF) ausgestattet sein. Solche ToF-
Chips stecken beispielsweise in dem LG V60, dem Huawei
P30 sowie dem Samsung Galaxy S20+. Zwar bringen auch
die Pro-Modelle der Apple iPhones 12 und 13 mit ihren Li-
dar-Scannern diese Technologie mit. Doch liefern die And-
roid-Geräte bisher zuverlässigere Daten als die Schnittstelle
der Apple-Smartphones.
GRENZEN UND CHANCEN
Problematisch wird es für die Anti-Spionagekamera-App
nur, wenn die versteckten Kameras ungewöhnlich gross sind.
Denn die Software verfügt über eine Filterfunktion, die nur
runde Objekte mit mehr als zwei Millimetern Durchmesser
aussortiert. Gelingt es also einem «Spion», eine ziemlich gros-
REFLEXIONEN GESUCHT se Kamera zu verstecken, wird sie vom LAPD-System wahr-
Die ToF-Sensoren der Smartphones werden in erster Linie zur scheinlich ignoriert. – Höchstwahrscheinlich bleiben aber die
Unterstützung von deren Kameras verwendet. Mithilfe von heimlichen Beobachter doch eher bei Minisystemen, da man
Infrarotlicht prüfen sie, wie weit Personen, Möbel und Wän- sonst die Kameras auch von blossem Auge erkennen würde.
de entfernt sind. Je länger das Licht braucht, um von einer
Oberfläche reflektiert zum Sensor zurückzukommen, desto
weiter ist das Objekt entfernt. Die Scanner werden also ein-
gesetzt, um im Raum nach besonders hellen Reflexionen zu
suchen. Der Trick: Kameralinsen reflektieren Licht stärker als
die meisten anderen Oberflächen. Es ist derselbe Effekt, der
Katzenaugen im Scheinwerferlicht aufleuchten lässt. Wenn
das Infrarotlicht des ToF-Sensors auf die stark reflektieren-
de Linse einer Minikamera trifft, erscheint diese auf dem
Kamerabild als dunkler Fleck, den die Software als versteckte
Kamera deutet.
Die vielen Leuchtpunkte auf stark glänzenden Oberflächen
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