Page 29 - IHK_E_Book_04_2023
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Was wir hier erarbeiten, soll auch anderswo nach- genutzt oder repliziert werden können – denn wir sind ein Innovationsprojekt.
Im Schumacher Quartier werden Sie über 5.000 Wohnungen für mehr als 10.000 Menschen bauen. Welche Bedeutung hat die Datenplattform für das Wohnquartier?
Höffken: Sie ist ganz wichtig für das Schumacher Quartier. Ich sehe uns vor allem auch als ein Vor- bildprojekt für Nachhaltigkeit. Mithilfe von Daten kann zum Beispiel sehr viel präziser und effizienter die Energieversorgung im Quartier gesteuert wer- den. Und über einen Energie-Marktplatz lässt sich die Energie günstig abrufen, wenn viel Solar- oder Windkraft produziert wird. Hierzu möchten wir möglichst viele Daten vernetzen und bereitstellen. Daraus ergeben sich ganze neue Möglichkeiten, zum Beispiel auch für die Elektromobilität oder auch für die Öffnungszeiten von Läden oder Sharing-Kon- zepte für die Nutzung von Räumen.
Frau Sack, Sie sind Architektin. Welche Chancen sehen Sie aus dieser Perspektive in Tegel?
Sack: Städtebaulich liegt die große Chance in den vielen intelligenten Netzwerken, die wir durch dieses Quartier ziehen können. Zum Beispiel ein Datennetzwerk, ein ganz neues Low-Exergy-Netz zur Energieversorgung, ein modernes Straßen- netzwerk. Danach erst bauen wir die Stadt in die Höhe. Eine solche Struktur so citynah realisieren zu können, ist eine einzigartige Chance – und das gemeinwohlorientiert.
Was meinen Sie damit?
Sack: Es wird kein einziger Quadratmeter Fläche auf dem Areal verkauft. Das gesamte Gelände bleibt im Eigentum des Landes. Unternehmen, die sich ansiedeln, erwerben stattdessen ein Erbbaurecht. Anderswo werden die Grundstücke eines Quartiers in der Regel veräußert. Dadurch haben Sie oft keine Einflussmöglichkeit auf die Qualität der Prozesse und können zum Beispiel die Infrastruktur nicht sinnvoll weiterentwickeln. Die Potenziale des Erb- baurechts werden oft unterschätzt. Für mich ist es die Basis, damit das Gelände langfristig ein Innova- tionsstandort bleiben kann.
Viele Unternehmen würden aber sehr oft lie- ber kaufen.
Sack: So ist es. Aber da bin ich sehr hartnäckig, da gebe ich nicht nach. Wenn Sie einmal verkaufen, dann ist es vorbei, dann müssen Sie es beim nächs- ten Mal auch machen. Wenn wir die Vorteile aber
ausführlich erklären, wird die Idee dahinter in der Regel auch verstanden.
Wollen Sie mit dem neuen Quartier in Tegel gleich- zeitig auch einen neuen deutschen Exportschla- ger entwickeln? Sinnvolle Lösungen für urbane Räume sind ja in allen Teilen der Welt derzeit äußerst begehrt.
Sack: Was wir hier machen, kann im europäischen Raum sicherlich ein Vorbild sein. Das ganze Pro- jekt ist partizipativ entwickelt, gemeinwohlorien- tiert und in landeseigener Hand. Dieses Projekt eins zu eins an jeder Stelle der Welt nachzubauen, wird nicht möglich sein, da es immer lokale Ausgangsla- gen gibt. Aber man kann definitiv einzelne Elemente aus dem Konzept nehmen und anpassen. Das ist auch unser Anspruch: Berlin TXL zu einem erfolgreichen Modellprojekt zu machen – in Deutschland und dar- über hinaus. ■
Städtebaulich liegt die große Chance in den vielen intelligenten Netzwerken, die wir
durch dieses Quartier ziehen.
Gudrun Sack
Interview | 29