Page 6 - Volksdorfer Zeitung April 2017
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WALDKINDERGARTEN
Wurzelwichte entdecken Natur
oder laufen durch ein Blätter- meer einen Hügel hinauf. Da- bei entdecken und trainieren die Kinder ihre motorischen Fä- higkeiten. Die Tage im Wald re- gen außerdem die Phantasie der Wurzelwichte an, denn hier gibt es keine konventionellen Spielzeuge mit vorgeschriebe- nen Bedeutungen. Stattdessen  nden die Kinder eine Fülle an Naturmaterialien, die vielseitig einsetzbar sind. Aus weichem Moos wird ein Bett für Zwerge, aus einem Haufen Äste ein Pira- tenboot.
Ein Raum für mich – ohne Dach und Wände
„Das Besondere an einer Wald- kita ist außerdem, dass es hier genügend Platz gibt, um den Bedürfnissen jedes Kindes ge- recht zu werden“, sagt Ole Martin. Hier können Kinder in Ruhe einen Käfer beobach- ten, während andere wild to- ben. Da es kein Dach und kei- ne Wände gibt, ist es hier auch nie so laut wie in geschlosse- nen Räumen. Die Weite des Waldes sorgt für eine ent- spannte Atmosphäre – auch für die Erzieher, die keine ge- stressten „Verhinderer“ von Lärm und unkontrollierter To- berei, sondern ausgeglichene BegleiterfürdieKindersein können. Dieses Argument war
Die Wurzelwichte und das Erzieher-Team vor dem Garten- gelände im Moorbekweg
für Ole Martin ausschlagge- bend, als er vor acht Jahren den Waldkindergarten Wur- zelwichte gründete. Im Mit- telpunkt seines naturverbun- denen Konzepts steht ein viel- fältiges Angebot, welches die Kinder ganzheitlich fördert. So wird im Morgenkreis ge- sungen und im Team der Tag besprochen. Zwei Mal in der Woche  nden Waldtage statt, an denen die Kinder zu ver- schiedenen Plätzen in der Um- gebung wandern, dort klet- tern, toben und spielen. „Wel- che Orte angesteuert werden, entscheiden die Kinder“, sagt Ole Martin. Denn die Mitbe- stimmung der Kinder spielt bei den Wurzelwichten eine zent- rale Rolle. Einmal in der Wo- che verlässt die Gruppe den Wald und unternimmt einen größeren Aus ug, etwa zum Hamburger Hafen, ins Theater oder in die Bücherei. Die rest- lichen zwei Tage in der Wo- che werden als Hüttentage ge- nutzt. Dann bleibt die Gruppe auf dem eigenen Gelände im Moorbekweg 99. Die Kinder arbeiten in kleinen Vorschul- gruppen, bilden Projektgrup- pen und bauen, basteln, p e- gen das Gemüsebeet oder ko- chen über dem Feuer Apfel- mus. Und der schmeckt den Kindern nach einem langen TaganderfrischenLuftganz besonders lecker.
Was raschelt denn da?
Mit leisem Prasseln
fällt der Regen auf das Blätterdach des Waldes. Feine Rinnsale  ießen am Wegesrand und bilden schlammig-brau- ne Pfützen. An den Sträuchern hängen Wassertropfen. „Die se- hen aus wie durchsichtige Per- len“, sagt Lars (4, Name geän- dert). Er fährt mit dem Zeige-  nger über einen Zweig, beob- achtet wie die Wasserperlen am Finger hinunterlaufen und auf den Boden tropfen. „Ich mag Regen – da kann man in Pfüt- zen spielen und Flüsse bau- en“, sagt Lars. Er ist eines von 24 Kindern, die im Waldkinder- garten Wurzelwichte in Volks- dorf betreut werden und an die- sem regnerischen Morgen zu ei- nem ihrer Lieblingsplätze an ei- nem Bachlauf wandern. Miese Regenstimmung? Fehlanzeige! Auch die anderen Kinder stap- fen fröhlich mit ihren Gummi- stiefeln durch den Wald und freuen sich auf den Aus ug, das Frühstück unter freiem Himmel und das Toben im Unterholz.
Im Einklang mit der Natur
„Regen, Schnee oder Kälte ma- chen unseren Waldkindern nichts aus. Im Gegenteil, sie
sehen die vielen Möglichkei- ten, die jede Witterung mit sich bringt – was man bei Sonnen- schein, oder bei Wind unter- nehmen kann“, sagt Ole Mar- tin. Der 36-jährige ist Leiter des Waldkindergartens Wurzel- wichte und davon überzeugt, dass die Kinder durch den All- tag unterm Blätterdach eine gesunde Einstellung zum Wet- ter und eine intensive Bindung zur Natur entwickeln. „Schon die Kleinsten lernen, sich ganz selbstverständlich im Wald zu bewegen, auf Tiere und P an- zen Rücksicht zu nehmen. Sie erleben hautnah den Wandel der Jahreszeiten und wie sich der Wald dabei verändert“, sagt Ole Martin.
Erlebnisraum Wald
Auch die körperliche und see- lische Entwicklung wird durch den natürlichen Erlebnisraum positiv beein usst. „Der Wald bietet eine Vielfalt an Anreizen, die in einer regulären Kita erst künstlich geschaffen werden müssen“, weiß Ole Martin. Die Wurzelwichte brauchen keine Bewegungsräume, oder „Fühl- stationen“. Sie klettern Tag für TagüberBaumstämme,krie- chen durch matschige Senken,
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