Page 50 - Mariazell 2016
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"Weg der Barmherzigkeit"
Distanz zu ihm. Dann komme ich zu mir.
Und ich kann die Wut auch in Kraft verwandeln:
"Ich lasse mich vom Beleidiger nicht kaputt machen. Ich kann selber leben.
Ich habe es nicht nötig, von ihm anerkannt zu werden. Ich trage meine Würde
in mir selbst. Ich bin nicht von seiner Beurteilung abhängig.“
Wenn ich die Wut in Ehrgeiz verwandle, selber mein Leben in die Hand zu
nehmen, dann steige ich aus meiner Opferrolle aus. Und das befreit mich.
Denn es tut mir nicht gut, Opfer zu bleiben.
Ansehen und verstehen.
Der dritte Schritt besteht dann darin, dass ich objektiv anschaue, was bei der
Beleidigung geschehen ist.
Hat der andere nur seine eigene Unzufriedenheit oder seine eigene Verletzung
weitergegeben? Haben seine Worte, ohne dass er es wusste, mich so tief
verletzt, weil sie meine alte Wunde aufgerissen haben?
Ich entschuldige nicht, aber ich beschuldige auch nicht.
Ich versuche nur, zu verstehen.
Und nur wenn ich mich selbst verstehen kann, kann ich zu mir stehen.
Der Schritt zur Vergebung.
Der vierte Schritt ist die eigentliche Vergebung.
Vergebung ist dabei ein aktives Tun.
Ich befreie mich von der Macht des anderen, der mich beleidigt hat.
Und ich befreie mich von der negativen Energie, die durch die Beleidigung des
anderen noch in mir ist.
Wenn ich nicht vergeben kann, bin ich noch an den anderen gebunden.
Ich lasse meine Stimmung noch von ihm bestimmen. In der Vergebung reiße
ich mich los von der Bindung an den anderen.
Podersdorfer Wallfahrt 2016 Seite 45