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Vor juristischen Fragen stand das Unternehmen schon bei der Gründung. „Start-ups stehen ja generell vor dem Pro- blem, dass es effektiv keine Vorlagen gibt. Das fängt schon an beim Thema Haftung und der Frage, was wir dürfen oder nicht“, sagt Mollik. Für Unternehmen, die sich mit dem Thema Blockchain befassen, gibt es überhaupt keine Richtlinien. „Wir richten uns natürlich immer nach der EIDAS und schauen uns immer an, ob es vielleicht in der Vergangen- heit schon Gerichtsentscheidungen zu einem Thema gab. Generell wissen wir aber überhaupt nicht, ob wir in einem Streitfall jemals vor Gericht Erfolg haben werden oder nicht.“ Der „TrustCerts“-Gründer vergleicht das Ganze gerne mit Schrödingers Katze.
Zusammen mit anderen Start-ups aus dem Blockchain- Bereich habe man aber nun ein so genanntes „Governance- Framework“ aufgebaut, nach dem sich Mollik und Co. richten können. „Das ist eine Art Regelwerk, um wenigstens ein bisschen rechtliche Sicherheit zu haben. Aber das ist natür- lich nur etwas, was sehr technisch geschrieben ist und noch nicht von einem Juristen gegengecheckt wurde“, sagt Mollik. Ein besonderes Hindernis stelle dabei die aktuelle Daten- schutzgrundverordnung dar. „Die DSGVO besagt, dass ich als Nutzer ein Recht auf Vergessen habe, aber die Blockchain bewirkt eben, dass nichts gelöscht werden kann.“
Spätestens an dieser Stelle wird klar, dass bei Unternehmen wie „TrustCerts“ spezialisierte JuristInnen gebraucht werden. „Ich denke, dass Cyber-Juristen aktuell immer wichtiger werden. In den letzten Jahren wurden zum Beispiel immer mehr Umwelt- und Familienrechts-Experten gesucht. Es wird immer mehr Streitfälle geben, in denen entschieden werden muss, ob dieses Problem nun ein Fehler des Unter- nehmens ist oder vielleicht auch einfach ein Nutzer zu fahrlässig war“, sagt der Gelsenkirchener.
Eine ganz andere Idee hatten Daniel Simon und seine Kolle- gen, als sie vor wenigen Jahren das Start-up „Datatrustee“ gegründet haben. Unter diesem Namen sollte eine externe, neutrale Plattform entstehen, die einen fairen und gesicherten Datenaustausch garantieren kann. „Im ersten Sinne ist unsere Plattform eine hoch sichere Cloud“, erklärt der Gründer. „Dort können die Kunden Dokumente, die größerer Sicherheit bedürfen speichern und zahlreiche Prozesse damit durchführen. Wenn beispielsweise ein Unternehmen die Gehaltsabrechnung an seinen Arbeit- nehmer schickt, kann er sicher sein, dass diese Über- tragung bei uns nicht in falsche Hände gerät.“
„Unser Ziel ist es, vertrauenswürdige Prozesse zu digitalisieren und das in einer hochsicheren Umgebung. Unsere Trusted Data Plattform er- möglicht eine sicherere, transparentere und verbindlichere digitale Welt.”
Daniel Simon (Datatrustee)
Wie der Name „Datatrustee“ schon verrät, arbeitet auch das Start-up mit einer extrem großen Masse an personen- bezogenen Daten und ist deshalb natürlich sehr von der Datenschutzgrundverordnung betroffen. „Die DSGVO ist das, wonach wir uns am allermeisten richten müssen. Es ergeben sich durchaus auch hier und da Überschneidun- gen mit dem Wettbewerbsrecht oder dem Telemedienge- setz, weil viele Prozesse einfach gesetzübergreifend ver- knüpft sind“, sagt Simon. „Wir müssen stets genau beobachten und mit der Verordnung abstimmen, wo die Datenflüsse langlaufen, wo und wie sie gespeichert wer- den können oder wann wir die Daten dann löschen müs- sen. Es gibt heutzutage einfach viel mehr juristische und technische Herausforderungen als eine einfache Ver- schlüsselung der Daten.“
Auf die Frage, ob diese Verordnungen und Richtlinien in den vergangenen Jahren an Aufmerksamkeit gewonnen hätten, antwortet Daniel Simon: „Ich denke, dass die recht- liche Komponente schon immer sehr wichtig war – nicht erst durch die Datenschutzgrundverordnung. Allerdings ist nun neu hinzugekommen, dass hohe Bußgelder bei Verstößen gezahlt werden müssen, die ein Unternehmen natürlich viel mehr beeinträchtigen.“ Früher habe man über die Strafen eher gelacht, heute kann es für das Ge- schäft finanziell bedrohlich werden. „Gerade deshalb müs- sen solche Verordnungen auch immer wieder konkretisiert werden und durch Entscheidungen des Europäischen Ge- richtshof geschärft werden. Aktuell ist es manchmal ein wenig, wie im Nebel auf Sicht zu fahren“, sagt Simon.
Und um im Verordnungs-Nebel eben keine teuren Unfälle zu bauen, sei der Bedarf an guten JuristInnen steigend. „Wir selbst haben keine Juristen im Haus und werden das wohl ändern, wenn wir noch größer werden. Allerdings müssen es dann wahre Experten sein, die sich mit dem Cyberrecht bestens auskennen. Aktuell gibt es einfach zu wenig hoch spezialisierte und verfügbare Juristen auf- diesem Gebiet, obwohl der Bedarf immer größer wird.“ „Datatrustee“ arbeitet aktuell mit einer großen Kanzlei in Düsseldorf zusammen.
von Noah Brümmelhorst und Nico Ebmeier
Nomos STUD.Jur. 1 | 2021
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Daniel Simon (Mitte) zusammen mit seinen Datatrustee- Mitgründern Alexander Cernov (l.) und Martin Glück (r.)
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