Page 6 - STUD.jur 1/2021
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   Sender
Guard
Middle
Nachricht /
Information
Nachricht / Information
Empfänger
Im Tor-Browser werden Nachrichten von mindestens drei Schichten umschlossen, die nur vom jeweiligen unabhängigen Betreiber geöffnet werden können
   Nachricht / Information
   Nachricht / Information
  Exit
     Seit Januar 2021 nicht mehr online: der wahrscheinlich größte illegale Darknet-Marktplatz „DarkMarket“. Deutsche Ermittler- Innen konnten den Handelsplatz in Kooperation mit Europol offline stellen.
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Nomos STUD.Jur. 1 | 2021
Jochim Selzer vom Chaos Computer Club. „Jeder kann eine Information verschlüsseln oder das Vorhängeschloss zu machen. Um die Information zu entschlüsseln oder das Schloss zu öffnen, braucht man aber einen bestimmten Schlüssel – und den hat nur der Knoten selbst.“
Die Nachricht wird also zu Beginn dreimal mit der Techno- logie von drei verschiedenen Knotenpunkten (Nodes) ver- schlüsselt. Sie ist dann von drei Schalen umgeben: innen mit der Schale vom Exit-Node, in der Mitte mit der Schale vom Middle-Node und außen mit der Schale vom Guard- Node. Anschließend wird die Nachricht durch die drei Knoten geleitet und wieder entschlüsselt, bevor sie bei dem/der EmpfängerIn ankommt. Zuerst landet die Nach- richt beim Guard-Node. Dieser entschlüsselt die äußerste Schale und weiß dann, woher die Nachricht kommt und an welchen nächsten Knotenpunkt er sie weiterleiten soll. Die Information selbst ist aber noch von zwei Schalen um- geben. Auch der/die EmpfängerIn ist unbekannt. Der Middle-Node öffnet die nächste Schale, hat aber keine Infor- mation über SenderIn, EmpfängerIn oder die Nachricht selbst. Er leitet die Nachricht an den Exit-Node weiter, der die letzte und innerste Schale öffnet. Der Exit-Node weiß jetzt, was in der Nachricht steht und an wen sie gehen soll. Der/die SenderIn bleibt aber anonym.
Die Anonymisierung funktioniert einerseits, wenn zwei Menschen zum Beispiel über einen Messenger (etwa den Tor-Messenger Briar) kommunizieren. Es können aber auch NutzerInnen sein, die eine Webseite besuchen. „Diese Anonymität ist eigentlich erst knackbar, wenn die Betreiber von allen drei Knotenpunkten zusammenarbeiten“, erklärt Selzer. Das sei wenig wahrscheinlich. Allerdings wird bei dem Prozess nur die IP-Adresse anonymisiert. „Nutzer können sich identifizierbar machen, wenn sie andere Fehler begehen“, sagt der Computerexperte. Dazu gehören Gewohnheiten in der Nutzung, Klarnamen in Chats oder echte Adressen und Bankverbindungen.
Die Vorteile der Anonymisierung werden allerdings auch von Kriminalität überschattet. Laut Mützel dominiert die krimi- nelle Seite im Darknet sogar. Das zeigt auch die Studie der Informatiker Gareth Owen und Nick Savage von 2015. Die Forscher der University of Portsmouth kamen darin zu dem Ergebnis, dass die Mehrheit der Seiten eher „kriminell orien- tiert“ ist. Im Fokus stehen dabei vor allem Drogen. Die Zahl von Webseiten, die Rauschmittel verkaufen, ist im Darknet besonders groß. Ein großer Coup gelang der Polizei in Deutschland Mitte Januar 2021 bei der Abschaltung des wahrscheinlich größten Darknet-Marktplatzes „Darkmarket“. Trotzdem schaffe es die Polizei nicht, den Drogenhandel kom- plett einzudämmen oder gar zu unterbinden, sagt Mützel.
Auch die Politik ist sich der Kriminalität im Darknet be- wusst. Als der Bundesrat im März 2019 ein neues Gesetz (§ 126a StGB) zur strafrechtlichen Erfassung von sogenann- ten Darknet-Marktplätzen diskutierte, wurde von verschie- denen Seiten auch Kritik geäußert. „Das Ziel von §126 a war ja, dass der Plattformbetreiber strafrechtlich zur Rechen- schaft gezogen wird, dafür dass auf der Plattform strafbare Waren und Dienstleistungen angeboten werden. Da hat es meines Erachtens nach zu Recht viel Kritik gegeben“, so der Darknet-Spezialist und Jurist Konstantin Grubwinkler. Im Mai 2020 hat dann die Bundesregierung ihre Pläne für ein IT-Sicherheitsgesetz 2.0 teilweise abgeschwächt. Gesetze, die das Darknet betreffen, sind nach wie vor in Planung.
 In seiner Kanzlei, die sich vor allem auf das Betäubungs- mittelstrafrecht konzentriert, haben mittlerweile unge- fähr 20 Prozent der Straftaten einen Bezug zum Darknet. Schuld daran seien unter anderem die enormen Preisunter- schiede. „Beim Amphetamin ist dies am auffälligsten. In
© Grafik: STUD.Jur.
© Screenshot: Daniel Mützel
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