Page 33 - Studiosus Kundenmagazin 1.2019 Sri Lanka
P. 33

32 nahaufnahme                                                                                nahaufnahme      33




 „Die meisten Menschen   Während die Nachfrage nach Löwentrauts   Auftragsarbeiten an“, sagt der 20­Jährige.
 hängen sich lieber ein gutes   Gemälden rasant wächst, hält sich die Be­  „Doch dieser Auftrag ist eine Ehre für
 Bild auf. Dabei ist es ihnen   geisterung der Kunstakademie Düsseldorf,   mich, da ich mich hundertprozentig mit den
 egal, ob es von einem Auto-  bei der sich Löwentraut 2018 beworben hat,   UN­Zielen identifiziere.“
 in Grenzen. Er wird abgelehnt. Der junge Mann
  didakten oder Akademie-  zuckt mit den Schultern: „Base litz wurde   Bis 2030 gehen die 17 Gemälde auf Welt­
 absolventen stammt.   siebenmal abgelehnt.“ Was sein Plan B sei?   tournee und werben um Unterstützung,
   Übrigens: Vincent van Gogh,   „Die Kunstakademie war Plan B“, sagt er.   zum Beispiel für den Kampf gegen Armut
 ebenfalls Autodidakt, hatte,   „Dann bleibe ich bei Plan A: malen, malen,   und Hunger oder für das Recht auf Bildung.
 wie zahlreiche andere   malen. Menschen mit meiner Kunst berüh­  Löwentraut hofft, dass seine Kunst Men­
 Künstler auch, unter den   ren und begeistern.“ Dirk Geuer ist eher   schen dazu animiert, den Planeten besser       @Adrian Bedoy
 erleichtert darüber, dass die Akademie ne­
 zu machen. Von dem Verkauf der von Hand
 Vorurteilen seiner Zeit zu   gativ entschieden hat. Erlernte Techniken   übermalten, limitierten und signierten Grafik­
 leiden!“ – Dirk Geuer  anwenden zu müssen, könnte Löwentrauts   editionen seiner Gemälde spenden Leon
 Werke entzaubern: „Leon hat mit seinen   Löwentraut und Dirk Geuer 680.000 Euro,   Reisen sind ein unerschöpflicher Ideenpool für
 Löwentraut wechselt gerne   20 Jahren bereits eine ausgeprägte eigene   u. a. nach Baraka, einem Slumviertel in der   Löwentraut. In New York ist er nie ohne Skizzen-
 von der Vertikalen in die Hori-  Handschrift. Seine Bilder haben eine Magie,   senegalesischen Hauptstadt Dakar. Dort   block unterwegs.
 zontale – sprich: Er malt auf   die Kunstkritiker oder Akademien   machte sich der Künstler jüngst persön­
 lich ein Bild davon, was mit den
 gerne übersehen.“
 dem Boden. Das verhindert,   Spenden passieren wird. Er
 dass die dick aufgetragenen   Beinahe täglich errei­  traf Präsident Macky Sall,
 Acrylfarben unkontrolliert   chen  Anfragen  aus   erlebte die Sorgen und
 nach unten laufen. Meist   aller Welt seine Ga­  Ängste der Slumbewohner
 legt er mehrere Leinwände   lerie. Museen, Kunst­  hautnah und freute sich,   in der Auslage partout kaufen will. Als der
 dass vor allem die Kinder
 nebeneinander. Denn abzu-  sammler, Prominente   trotz der Armut ihren Optimis­  späte Gast erfährt, dass das Gemälde be­
 und Privatleute – sie alle
           reits an ein Museum verkauft ist, begeis­
 warten, bis ein Bild endlich   wollen einen Löwentraut kaufen.   mus nicht verlieren.  tert er sich für ein anderes Bild aus dieser
 getrocknet ist, kommt für   „In meinen 30 Jahren als Galerist habe ich   Serie. Wie sich herausstellt, stammt der
 ihn nicht in Frage. „Da bin   noch nie ein solch großes internationales   Reisen sind Löwentrauts  wichtigste   Mann aus den Niederlanden, ist mit einer
 ich zu ungeduldig. Ich will   Interesse für einen Künstler erlebt“, sagt   Inspirationsquelle. Nach seinem Besuch   Frau aus Ghana verheiratet und Sammler
 meine Ideen sprudeln lassen.   Geuer. „Leon schafft es, über Grenzen und   im Senegal entsteht die Serie „Singles and   afrikanischer Kunstwerke. „Obwohl ich
 Deshalb male ich fast immer   Kulturen hinweg Menschen für seine Male­  Couples“. Zwei Tage vor der Ausstellungs­  noch keines der Gemälde mit Titeln ver­
 mehrere Bilder parallel.“   rei zu begeistern.“ So wundert es nicht,   eröffnung richtet Dirk Geuer die Schaufens­  sehen hatte, hat dieser Mann intuitiv die
 dass Leon Löwentraut vor einigen Monaten   ter in seiner Düsseldorfer Galerie her. Es ist   afrikanischen Wurzeln gespürt“, erzählt
 ausgewählt wurde, die 17 „Global Goals“   Abend und eigentlich schon geschlossen,   Geuer. „Da konnte ich gar nicht anders, als
 der  Agenda  2030  der  UN  mit  der  Kam ­  als ein Mann vom Café auf der anderen   ihm das Gemälde, dessen Name übrigens
 pagne „#Art4GlobalGoals“ künstlerisch zu   Straßenseite, mit einem Rotweinglas in   ‚ Senegal couples’ ist, zu verkaufen, bevor
 interpretieren. „Eigentlich nehme ich keine   der Hand, herüberkommt und das Gemälde   die Ausstellung überhaupt eröffnet war.“

           Auch Löwentrauts nächstes Reiseziel liegt
           in Afrika: Marrakesch. „Ich war zwar noch
           nie  dort,  bin  mir  aber  sicher,  dass  mir
           diese Stadt viele Ideen schenken wird.“
           Die Ideen sollten dem Jungstar tatsächlich
           nicht ausgehen, denn er hat bereits bis
           2021 vertragliche Verpflichtungen. Der Vor­
           wurf einiger Kritiker, Löwentraut sei eine
           Eintagsfliege, ist damit wohl vom Tisch.
           „Mit vielen renommierten Museen haben
           wir Ausstellungen vereinbart“, sagt Geuer.
           Nein, das Museum of Modern Art sei noch
           nicht dabei. Es bleibt also abzuwarten, ob
           sich Löwentrauts Traum erfüllt, irgendwann
           im MoMA vertreten zu sein. Am besten                                                                       @Geuer & Geuer
           noch zu seinen Lebzeiten. Was Kunstkriti­
           ker als Arroganz und Selbstüberschätzung
           auslegen, lobt Löwentrauts Galerist Geuer:
 Leon Löwentraut in seinem   „Hoch gesteckte Ziele sind ein großartiger         Die Kinder im Slumviertel Baraka sind
 @Geuer & Geuer  was er noch erreichen kann.“   ■
 liebsten Maloutfit: einem   Ansporn, sich ständig zu verbessern. Leon          von Löwentraut begeistert – aber wohl
           hat einen unbändigen Willen – mal sehen,
 alten Trainingsanzug.                                                          eher, weil er mit ihnen Fußball spielt.
   28   29   30   31   32   33   34   35   36   37   38