Page 32 - BilD Fussball-Zeitung (+12.07.2018)
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WM-HISTORIE

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                                                                                                         Sein größter Moment: Helmut Schön reißt beim Torjubel
                                                                                                        im WM-Finale 1974 beide Arme hoch. Deutschland besiegt
                                                                                                            Holland mit 2:1, holt zum zweiten Mal den Titel






























                   Helmut Schön
                   1974 mit dem
                  WM-Pokal. Links
                   der damalige
                   Bundeskanzler
                  Helmut Schmidt
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         Helmut Schön war der erfolgreichste deutsche Bundestrainer

        Die deutsche Fußball-Geschichte wäre  nach dem legendären Wembley-Tor 2:4   Es gibt nur zwei Nationaltrainer, die
        anders verlaufen, wenn Helmut Schön  nach Verlängerung. Bei der WM 1970  ähnlich erfolgreich waren: Der Italie-  Trauriges Aus: Helmut
        seinem eigentlichen Berufswunsch nach-  in Mexiko wurde die Schön-Elf Dritter,  ner Vittorio Pozzo (zwei Weltmeistertitel   Schön tröstet nach dem
        gegangen wäre. Der Stürmer hatte nach  unvergessen das Jahrhundertspiel ge-  1934 und 1938) und der Spanier Vicen-  2:3 gegen Österreich bei
        einer erneuten Knieverletzung überlegt,  gen Italien (3:4 n.V.).     te del Bosque (Weltmeister 2010, Euro-  der WM 1978 Hansi Müller
        Medizin zu studieren und Chirurg zu wer-  1972 ist die Nationalmannschaft auf  pameister 2012).
        den. Der Sohn eines Dresdner Kunst-  dem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft.            ★★★
        händlers entschied sich dann aber doch  Franz Beckenbauer führte Regie, Gerd   Der Dresdner galt als Feingeist und
        anders und legte eine beispiellose Trai-  Müller schoss die Tore. Als „Ramba-  guter Pädagoge. Laute Ansprachen wa-
        nerkarriere hin.                                  Zamba“-EM (3:0 ge-  ren ihm fremd. Schön bestrafte durch
          Schön ist bis heute                             gen die Sowjetuni-  Schweigen. Wie nach dem 0:1 bei der

                              SERIE
        der Trainer mit den          WM-WM-               on) ging das Turnier  WM 1974 gegen die DDR.
        meisten WM-Spielen                                in die deutschen An-  Bernd Hölzenbein: „Er nahm es der
                            Rek
        (25) und den meisten  Rekordeorde                 nalen ein.         Mannschaft übel, dass sie verloren hatte
        WM-Siegen (16). Und                                 Der Höhepunkt  und sprach am nächsten Tag kein Wort
        er ist der erfolgreichs- Heute: Meiste WM-Spiele   dann 1974. Der  mit uns. Dass er uns seine tiefe Enttäu-
        te Bundestrainer aller   und -Siege (Trainer)     WM-Sieg im eige-   schung auf diese Weise spüren ließ,
        Zeiten. Der Nachfolger                            nen Land (2:1 ge-  anstatt uns eine Standpauke zu halten
        von Sepp Herberger wurde 1972 Eu-  gen Holland). Schön ahnte, dass jetzt  oder Strafen auszusprechen, war für alle
        ropameister und 1974 Weltmeister.  nicht mehr viel kommen konnte. Er woll-  höchst bedrückend. Das war ihm eigen.
          Mehr noch: Der „Mann mit der Müt-  te zurücktreten, doch die DFB-Führung  Helmut Schön motivierte nicht durch lau-
        ze“ war dafür verantwortlich, dass die  überredet ihn weiterzumachen. 1976  te Ansprachen, er motivierte, indem er
        Nationalelf den wohl schönsten Fußball  wurde Deutschland noch mal Vize-Eu-  beleidigt war. Es fühlte sich an, als hät-
        spielte, den ein deutsches Auswahlteam  ropameister.                 te man den eigenen Vater enttäuscht.“
        je zelebriert hat.                   Zwei Jahre später dann das unrühm-             ★★★
          1964 wurde „der Lange“, wie er we-  liche Ende bei der WM in Argentini-  Nach seinem Ausscheiden lebte Schön
        gen seiner 1,90 Meter genannt wurde,  en. Am 21. Juni 1978 gibt es in Córdo-  zurückgezogen mit Ehefrau Annelies in
        vom Assistenten zum Bundestrainer be-  ba ein 2:3 gegen Österreich. Es war  Wiesbaden. Am 23. Februar 1996 starb
        fördert. Bei der WM 1966 kam Deutsch-  Schöns 25. WM-Spiel bei seiner vierten  Schön, der an Alzheimer litt, im Alter
        land ins Finale, verlor gegen England  WM als DFB-Trainer.           von 80 Jahren.


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