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BÜCHERSCHAPP
Bernd-Rüdiger Ahlbrecht, Norddeutsche Luftfahrtgeschichte in Schlaglichtern. 55 prägende Orte und Ereignisse, ISBN 978- 3-96303-291-2, €22,99
Seit über 100 Jahren nimmt
Deutschland in der Luft-
fahrt einen Spitzenplatz
ein. Wobei heute der Fir-
menname Airbus alles
überragt. Dabei waren es
Pioniere wie Heinkel, Mes-
serschmidt, Dornier, Fok-
ker oder Bölkow, die diesen
glänzenden Ruf begründe-
ten. Die fünf deutschen Küs-
tenländer Mecklenburg-
Vorpommern, Niedersach-
sen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bre- men standen dabei besonders im Fokus. Die industrielle und verkehrswirtschaftli- che Entwicklung dieser Regionen ist eng mit der Luftfahrt verbunden, die auch hier ihren Anfang nahm.
Bernd-Rüdiger Ahlbrecht, Vorsitzender der Gesellschaft zur Bewahrung von Stät- ten deutscher Luftfahrtgeschichte, ist als deren profunder Kenner bekannt. In seinem gerade erschienenen jüngsten Werk hat er sich besonders Norddeutschland gewid- met. Auf 121 Seiten stellt er 55 Orte vor, die eng mit der zivilen und militärischen Fliege- rei verbunden waren oder es noch sind. So zum Beispiel Anklam, wo Otto Lilienthal 1891 seine ersten Flugversuche absolvierte. Um noch einige weitere dieser Orte und ihre Rollen zu nennen: in Bad Zwischenahn die Anfänge der deutschen Seenotrettung aus der Luft, Rechlin als Testzentrum für den Krieg, das hanseatische Luftkreuz Hamburg, Parchim und seine Mecklenburger Mistelge- spanne, der Linien- und Charterverkehr zu den Nordseeinseln, die Erprobungsstellen in Travemünde und Tarnewitz, die Seeflie- gerei in Jagel, Parow und Ribnitz, Laage als Platzhalter an der Autobahn, Schleswig mit dem letzten Flug der deutschen Luftwaffe oder Kiels Luftfahrt am Kanal.
Auf jeweils zwei bebilderten Seiten bringt Ahlbrecht in verständlicher, knapper, klarer Sprache alles Wesentliche unter: Wissens- wertes, Bekanntes und Neues, wie es einer breiteren Leserschaft so noch nicht gebo- ten wurde. Ob kurze, spannende Geschich- ten über Menschen- und Maschinenschick- sale aus der bewegten und wechselvollen Geschichte der norddeutschen Luftfahrt oder außergewöhnliche Begebenheiten, faszinierende technische Innovationen – hier wird man fündig. Wozu natürlich auch die Widersprüchlichkeiten und dramati-
schen Schattenseiten einer von Krieg und Vernichtung geprägten Zeit gehören. Ein empfehlenswertes zeit- und technik-
geschichtliches Werk, mit dem eine Lücke geschlos- sen worden ist. psw
Kai-Axel Aanderud, 175 Jahre Hapag-Lloyd – 175 Years of Hapag-Lloyd 1847–2022. Vom Auswan- dererschiff zum Megacar- rier – From emigrant ship to megacarrier, Koehler im Maximilian Verlag, Ham- burg, € 49,95, ISBN 978-3- 7822-1500-8
Über ein Jahrhundert lang sind die 1847 in Hamburg gegründete Hamburg-Ameri- kanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (Hapag) und der zehn Jahre jüngere Nord- deutsche Lloyd (NDL) in Bremen erbit- terte Wettbewerber, die nur dann mit- einander koope-
rieren, wenn es
unumgänglich ist.
Beide rivalisieren-
den Reedereien
bringen es zu
Weltgeltung. Sie
bauen die größ-
ten Frachter und
die schnellsten
Passagierdamp-
fer, dominieren
das Auswanderergeschäft und erfinden die Kreuzfahrt. Zwei Weltkriege kosten sie ihre gesamten Flotten, doch sie bauen sie wieder auf, jeweils größer und effizienter als zuvor. Als Ende der 1960er der Container seinen globalen Siegeszug antritt und Reedereien und Seestädte zu stetig höheren Investitio- nen in Flotten und Häfen zwingt, setzt sich in Hamburg und Bremen die Erkenntnis der Notwendigkeit durch, Kräfte zu bündeln und Hapag und Lloyd zu fusionieren. Heute zählt die 1970 gegründete Hapag-Lloyd AG mit einer Flotte von 250 Containerschiffen, einem jährlichen Transportvolumen von 12 Mio. TEU und über 13 000 Mitarbeitern in 129 Ländern zu den weltweit führenden Linienreedereien
Dieses in Deutsch und Englisch verfasste Buch erzählt die spannende Geschichte des Unternehmens von der Gründung 1847 bis zum Jubiläum 2022. Hervorra- gende Bilder von der Gründung bis heute, zum Teil in doppelseitiger Aufmachung, geben Einblicke in den Wandel der Ree- derei. hkr
Wilhelm M. Donko, Österreichisch-unga- rische Unterseeboote und ihre Werften 1906–1918, Motorbuch Verlag, Stuttgart, ISBN 978-3-613-04456-2, € 29,90
Um 1900 kam auch die Seemacht Öster- reich-Ungarn an der Beschaffung von U-Booten nicht vorbei, obwohl führende Marinekreise in Wien von der neuen Waffe anfangs alles andere als angetan waren. Wilhelm M. Donko
beschreibt ausführlich
die Geschichte der
Entstehung und den
Aufbau der U-Boot-
flotte der K.u.k.-Monar-
chie. Dabei geht er ein
auf die Hintergründe
der Beschaffung, den
Bau auf heimischen
Werften und die
Beschaffung von Bau-
lizenzen in Deutsch-
land und den USA sowie auf die Involvie-
rung der englischen Rüstungsin- dustrie in diese Abläufe. Weiterhin behandelt er die Übernahme von U-Booten der Kaiserlichen Marine aus Deutschland. Zu einem erheb- lichen Teil stützt sich der Autor auf völlig unbekannte historische Dokumente und Bilder aus Privat- archiven, die der Forschung bisher nicht zugänglich waren.
Donko stellt nicht nur alle öster-
reich-ungarischen U-Boote mit ihren Einsätzen, Erfolgen und Verlus- ten vor, sondern auch die strategische Zusammenarbeit mit der Kaiserlichen Marine im Mittelmeer, deren U-Boote über lange Strecken dort unter der rot- weiß-roten Flagge operierten und spek- takuläre Erfolge erzielten.
Im Abschlusskapitel gibt der Autor eine Zusammenfassung der wichtigsten Eck- punkte bezüglich Aufbau und Entwick- lung der K.u.k.-U-Boote und geht ein auf deren Ende im Staatsvertrag von Saint- Germain-en-Laye zwischen Österreich und 27 alliierten und assoziierten Mäch- ten, wonach die österreichisch-ungari- schen Kriegsschiffe als endgültig an diese ausgeliefert zu betrachten sind.
Dieses empfehlenswerte Buch ist eine Bereicherung der U-Bootliteratur, das ein bisher wenig bekanntes Kapitel behan- delt. Neben den zahlreichen Abbildun- gen enthält es Auflistungen über techni- sche Daten, Bootsbestand und Verbleib der österreichisch-ungarischen Untersee- boote. hkr
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