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Historisches Kalenderblatt 6/2025
Am 21. Juli 1850 kam es vor Neu- stadt (Holstein) zu einem Gefecht zwischen dem schleswig-holsteinischen Dampfkanonenboot von der tAnn und zwei dänischen Kriegsschiffen, der Kor- vette vAlkyrien und dem armierten Damp- fer heklA. Dabei geriet die von der tAnn auf Grund und wurde von ihrer Besatzung in Brand gesteckt, um das Schiff nicht in Feindeshand fallen zu lassen.
Kurz nach dem Ausbruch des Krieges gegen Dänemark 1848 hatten die Schles- wig-Holsteiner angesichts der dänischen Seeherrschaft mit dem Aufbau eigener Seestreitkräfte begonnen. Dabei zeig- ten sie großes Improvisationstalent sowie einen bemerkenswerten Sinn für techni-
Die Von der tAnn auf Grund und in Flammen in der Neustädter Bucht am 21. Juli 1850
anlage. Die beiden Dampfkessel verfügten über einen künstlichen Zug, wie bei einer Lokomotive. Der dadurch erzeugte Unter- druck sog Frischluft an und sorgte so für eine effektivere Verbrennung. Eine Zwei- zylinder-Dampfmaschine von 36 PS (26 kW) verlieh dem als Dreimastschoner getakel- ten Kanonenboot eine Höchstgeschwin- digkeit von 6 kn (11 km/h) unter Dampf. Die von der tAnn hatte eine Besatzung von 29 Mann und war mit zwei Bombenkano- nen, die 60 Pfund schwere Explosivge- schosse verfeuerten, und vier kleinen Drei- pfündergeschützen bewaffnet.
Nach einigen erfolgreichen Einsät- zen geriet die von der tAnn am 21. Juli 1850 bei dem Versuch, ihren Heimatha- fen Neustadt in Holstein zu erreichen, nach dem zunächst erfolgreich verlau- fenen Gefecht mit der vAlkyrien und der heklA auf Grund und wurde von der Besatzung aufgegeben. Später wurde das durch das Feuer und eine schwere Explosion beschädigte Wrack von den Dänen geborgen, repariert und unter dem Namen støren wieder in Dienst gestellt – was durchaus als Wertschät- zung für eines der modernsten Schiffe seiner Zeit gelten kann. 7
Das Gemälde zeigt das Kanonen- boot Von der tAnn im Jahr 1849
Modell des Schraubendampfers Von der tAnn
sche Innovation – etwa durch den Einsatz von Dampfschiffen. So diente der 1833 in Schottland gebaute Raddampfer bonn als Flaggschiff. Aus der Not geboren, ent- stand eine für ihre Zeit moderne, strate- gisch klug für die Küstenverteidigung in Nord- und Ostsee ausgelegte Flot- tille von 16 Fahrzeugen mit insgesamt 41 Geschützen und rund 800 Seeleuten. Den Kern bildeten elf mit je zwei schwe- ren Kanonen bewaffnete Ruderkanonen- boote. Diese rasch zu bauenden, flach- gehenden Fahrzeuge, die auch gesegelt werden konnten, waren ideal für den Ein- satz in Küstengewässern und konnten gegen die weit überlegene dänische Flotte einige Erfolge erringen.
Zu den modernsten Fahrzeugen der schleswig-holsteinischen Flottille zählte das am 5. Februar 1849 auf der Hilbert- Werft in Kiel vom Stapel gelaufene Kano- nenboot „Nr. 1“, das später nach einem
populären Freikorpskommandeur von der tAnn getauft wurde. Das 25 m lange und 5 m breite Schiff war das erste Schrauben- kanonenboot der Welt. Im Volksmund auch liebevoll „De Schruv“ genannt, war die von der tAnn eines der fortschritt- lichsten Kriegsschiffe ihrer Zeit und besaß bemerkenswerte technische Neuerun- gen, darunter eine bei Schweffel & Ho- waldt gebaute, hochmoderne Maschinen-
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Gemälde von Lüder Arenhold 1891/Wikimedia commons
Gemälde von Wilhelm Melbye/Wikimedia commons
Foto: Wikimedia commons/Jan Wellen