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Tod auf See Fregatte Méduse Jann M. Witt
Seefahrt ist gefährlich. Seit sich der erste Mensch auf das Meer wagte, haben Stürme und Stran- dungen, ebenso wie Kriege und Piraten, zahllose Todesopfer gefordert. Trotz GPS oder Radar ereignen sich auch heute noch Unglücke auf See. In dieser Serie erinnern wir an zehn maritime Katastrophen, die der neuen Ausstellung „Tod auf See” im Marine-Ehrenmal zugrunde liegen.
Die Méduse war eine französische 40-Kanonen-Fregatte der pAllAs- Klasse. Trotz der vernichtenden Nieder-
lage seiner Flotte in der Seeschlacht von Trafalgar am 21. Oktober 1805, in der die französische Marine als strategisches Machtinstrument ausgeschaltet worden war, ließ Napoleon in den folgenden Jah- ren neue Kriegsschiffe bauen, darunter zahlreiche Fregatten. Diese schnellen Drei- master dienten vor allem zur Aufklärung sowie für Einsätze in Übersee und im Han- delskrieg. Die pAllAs-Klasse galt damals als der modernste Fregattenentwurf der französischen Marine; zwischen 1807 und 1832 wurden fast 60 Schiffe dieses Typs fer- tiggestellt.
Die Méduse wurde im April 1807 in der klei- nen Stadt Paimboeuf an der Mündung der Loire auf Kiel gelegt und lief im Juli 1810 vom Stapel. Das Schiff hatte eine Länge von rund 50 m und eine Breite von etwa 12 m. Die Hauptbewaffnung auf dem Bat- teriedeck bestand aus 28 baugleichen 18-Pfünder-Kanonen, hinzu kamen leich- tere Geschütze auf dem Vor- und Achter- deck. Die Besatzung bestand aus 340 Offi- zieren, Unteroffizieren und Mannschaften. Am 26. September 1807 wurde die Méduse in Dienst gestellt. Im Frühjahr 1811 lief sie zusammen mit ihrem Schwesterschiff nyM- phe in Richtung Südostasien aus. Die bei- den Fregatten sollten Hilfslieferungen nach Java bringen. Ein britisches Expedi- tionskorps war auf der seit dem 17. Jahr- hundert zum Kolonialreich der 1810 von Frankreich annektierten Niederlande gehörenden Insel gelandet und drängte die Verteidiger immer weiter zurück. Doch als die beiden Fregatten Anfang Septem- ber Java erreichten, war der Kampf bereits faktisch zugunsten der Briten entschie- den, weshalb die Méduse und die nyMphe nach Frankreich zurückkehrten. Am 22.
Dezember 1811 erreichten sie den Hafen von Brest. Von Ende 1813 bis Anfang 1814 wurden die beiden Fregatten im Handels- krieg eingesetzt und brachten im Atlantik sieben britische Handelsschiffe auf. Nach der Abdankung Napoleons wurde 1814 in Frankreich die Königsherrschaft wieder errichtet. Daran änderte auch das
nach der Revolution aus der französischen Flotte ausgeschieden und hatte seit 25 Jahren nicht mehr auf dem Achterdeck eines Kriegsschiffs gestanden. Gleichwohl erhielt er nun aufgrund seines Adelsrangs das Kommando über die Méduse und den Befehl, das Schiff für eine Reise an die afri- kanische Westküste vorzubereiten.
Geschichte
Teil 5
Das von Théodore Géricault geschaffene Gemälde zeigt Überlebende der Katastrophe
kurze Zwischenspiel der Rückkehr des ehe- maligen Kaisers nach Frankreich nichts, das nach 100 Tagen mit Napoleons Nieder- lage in der Schlacht von Waterloo und der erneuten Abdankung endete. Um seine Macht im Zuge der sogenannten „Res- tauration“ zu festigen, begann König Lud- wig XVIII. unter anderem, die Dominanz des alten, vorrevolutionären Adels in den höheren Rängen der französischen Marine und Armee wiederherzustellen. Unter den wieder eingesetzten Marineoffizieren war auch der 1763 geborene Hugues Vicomte Duroy de Chaumareys. Er hatte in jungen Jahren als Marineoffizier gedient, war aber
Am 17. Juni 1816 verließ die Méduse zusam- men mit dem Versorgungsschiff loire, der Korvette echo und der Brigg Argus den Hafen von Rochefort. Das Ziel war der Hafen von Saint-Louis im Senegal, der seit Mitte des 17. Jahrhunderts zum fran- zösischen Kolonialreich gehört hatte, aber während der Napoleonischen Kriege von den Briten erobert worden war und nun an Frankreich zurückgegeben werden sollte. An Bord der Méduse, deren Hauptbewaff- nung entfernt worden war, um Platz für die zahlreichen Passagiere zu schaffen, befand sich auch der neu ernannte Gouverneur der französischen Besitzungen im Senegal,
Leinen los! 6/2025 37
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