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Navy News
ein starkes Magnetfeld erzeugt, der das Projektil mit sehr hoher Geschwindigkeit entlang der Schienen aus dem Geschütz- rohr hinaus beschleunigt. Dadurch erge- ben sich, im Vergleich zur konventionellen Schiffsartillerie, potenziell höhere Mün- dungsgeschwindigkeiten und eine präzi- sere Steuerung der Geschossbahn.
Es gibt auch Nachteile:
y Die höhere Geschwindigkeit erzeugt
mehr Reibung und mehr Hitze. Diese zusätzliche Belastung der Schienen und des Rohrs führt zu frühzeitigem Materialverschleiß. Neue Werkstoffe werden entwickelt und erprobt, die dieser Belastung standhalten können, um zu gewährleisten, dass die Waffe robust genug für den anhaltenden Ein- satz ist.
y Der Betrieb einer Schienenkanone erfordert die Fähigkeit, in kurzen Abständen (ca. alle 20 Millisekunden) sehr starke Stromimpulse abzuge- ben, und dies mit ausreichender Aus- dauer für ein anhaltendes Gefecht. Diese Fähigkeit setzt voraus, dass das Schiffskraftwerk eine ausreichende Menge Elektrizität erzeugt und dass das Schiff über sehr leistungsfähige Energiespeicher (etwa Superkonden- satoren) verfügt. Die Energiesysteme auf den gegenwärtig in Dienst befind- lichen Zerstörern sind derzeit nicht in der Lage, Schienenwaffen im Gefecht zu versorgen.
y Auch die Kühlsysteme der gegenwär- tigen Kriegsschiffe reichen nicht aus, die durch Schienengeschütze erzeugte Wärme abzuleiten.
Die Bewältigung dieser technologischen Hürden stellt die größte Herausforderung im Rahmen der Entwicklung einer brauch- baren elektromagnetischen Schienen- waffe dar.
Japans Ansatz
Der Ansporn zur japanischen Entwick- lung dieser – lange als „futuristisch“ ein- gestuften – Waffe liegt in der ständigen Fortentwicklung der chinesischen Streit- kräfte, gekoppelt mit den zunehmenden Drohgebärden Chinas in den regiona- len Gewässern. Japan investiert gezielt in Hochleistungstechnologie, um die numerische Überlegenheit der chinesi- schen Marine und Luftwaffe auszuglei- chen. Neben weitreichenden Marsch- flugkörpern und Hyperschallwaffen zur Bekämpfung von feindlichen See- und Landzielen will Tokio Schienenwaffen auf Kriegsschiffen stationieren, um geg- nerische Marschflugkörper und Hyper- schallflugkörper abzufangen. Die Waffe soll auch gegen bemannte und unbe- mannte Flugzeuge und Boote einschließ- lich UAV- und Bootsschwärme eingesetzt werden. Hyperschallschnelle Marschflug- körper gelten als Primärziel.
Die Vorteile:
Gerade im maritimen Umfeld verspricht dieser Waffentyp verschiedene Vorteile. Im Vergleich zu Richtenergiewaffen, vor allem Laser, werden sie wesentlich grö- ßere Reichweiten besitzen. Sie sind witte- rungsunabhängig und werden auch nicht durch Wolken, Gischt oder andere atmo- sphärische Bedingungen beeinflusst. Die Projektile besitzen keinen Sprengkopf. Die Zerstörung des Ziels erfolgt durch die kinetische Energie, die beim Ein- schlag des Geschosses freigesetzt wird. Ein Vorteil dieser Eigenschaft ist die ver- einfachte Unterbringung und Handha- bung der Railgun-Munition an Bord des Schiffes. In den bisherigen Versuchen werden pfeilförmige Projektile einge- setzt die aus einem Stück gegossen wer- den. Die ATLA hat allerdings angedeutet,
Testschießen des ersten japanischen Railgun-Prototypen im Oktober 2023
dass Geschosse entwickelt werden sol- len, die im Verlauf ihres Fluges auseinan- derbrechen, um – ähnlich einer Schrotla- dung – eine ausgedehntere Wolke kleiner Projektile zu bilden. Hierdurch würde die Wahrscheinlichkeit eines Treffers gestei- gert, insbesondere bei der Bekämpfung von kleineren Flugzielen.
Erprobung und Einführung
Der gegenwärtig ausgewertete Pro- totyp verschießt 40-mm-Stahlprojek- tile mit einem Gewicht von 320 g. Jeder Schuss erfordert den Einsatz von fünf Megajoule (MJ) Elektrizität. Das japa- nische Verteidigungsministerium geht davon aus, dass eine einsatzfertige Waffe 20 MJ Energieleistung pro Schuss erfor- dern wird, um die angestrebte Reichweite und Mündungsgeschwindigkeit zu erzie- len. Der Prototyp erreicht gegenwärtig eine Mündungsgeschwindigkeit von ca. Mach 6,5. Dies ist bereits dreimal so schnell wie die Mündungsgeschwindig- keit von 76-mm- und 127-mm-Decksge- schützen. Um Ziele abzufangen, die ihrer- seits im Hyperschallbereich (Mach 5,0 und mehr) fliegen, soll die Leistung des
Konzeptbild des 13DDX-Zerstörers
Leinen los! 6/2025 27
Grafik: ATLA
Fotos: ATLA


































































































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