Page 7 - Gemeindezeitung SiRei 2-20
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Aus dem Gesetzbuch
Zum Anstieg von Scheidungsanfragen !
Zur Zeit bemerken wir in unserer Kanzlei einen Anstieg an Scheidungsan- fragen. Ein gewisser Zusammenhang mit dem Lockdown dürfte bestehen.
von Dr. Susanne Chyba
Die meisten Ehen werden durch eine ein- vernehmliche Scheidung aufgelöst. Bei den strittigen Scheidungen geht es zu- meist um die Frage, wen das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft. Jüngst hat- te der Oberste Gerichtshof sich in der Ent- scheidung 1Ob69/20h mit einem Fall zu beschäftigen, in dem die Ehefrau das Ver- schulden des Ehemannes mit seinem über- mäßigen Alkoholkonsum begründete.
Schon das Berufungsgericht hatte den „übermäßigen Alkoholkonsum des Beklag- ten (der nach den Feststellungen regel- mäßig drei mal, zeitweise auch bis zu fünf mal pro Woche – aufgrund des Konsums von bis zu fünf, teilweise auch von bis zu zehn Bieren sowie immer wieder auch von Schnaps in größeren Mengen – stark alko- holisiert war) als schwere Eheverfehlung“ beurteilt und ihm das überwiegende Ver- schulden an der Zerrüttung der Ehe an-
gelastet.
Der Ehemann versuchte zu argumentieren,
dass „sein Alkoholkonsum keine negativen „wirtschaftlichen“ (weil er weiterhin „ext- rem fleißig gearbeitet und ein Eigenheim
erwirtschaftet habe“) oder „sozialen Aus- wirkungen“ auf das Eheleben gehabt ha- ben, sodass diese nicht „derart gravierend und ehestörend gewesen sein können, wie das Berufungsgericht angenommen habe“.“ Er bestritt seinen von den Vorinstanzen
festgestellten krankhaften Alkoholismus im Sinne einer Alkoholsucht und auch den Umstand, dass dies der Hauptgrund für die Streitigkeiten zwischen den Eheleuten war. Nach der Rechtsprechung ist Alkoholmiss- brauch schon grundsätzlich eine Ehever- fehlung. Der beklagte Ehemann versuchte sich damit zu rechtfertigen, dass der kla- genden Ehefrau, „die Neigung des Beklag- ten zu übermäßigem Alkoholkonsum be- reits seit der Eheschließung bekannt war“.
Der Oberste Gerichtshof hat dazu nun- mehr ausdrücklich festgehalten, dass „je- der Ehegatte vom Ehepartner erwarten darf, dass dieser Neigungen, die ein ge- deihliches Zusammenleben stören, so weit als möglich unterdrückt“.
Das heißt, man darf vom Ehepartner er- warten, dass er sich
„zusammenreißt“ und nicht Ange- wohnheiten - mag er sie auch schon vor der Ehe gehabt haben – weiter aus- lebt, wenn sie das Eheleben stören.
Das gilt aber natür- lich für beide Seiten.
Ein Hinweis: Rechtsanwaltskanzleien sind nicht vom Betretungsverbot umfasst und können weiterhin von Klientinnen und Kli- enten zur Inanspruchnahme von Rechts- dienstleistungen besucht werden. Zu be- achten ist allerdings, dass alle zulässigen Dienstleistungen möglichst im elektroni- schen Wege anzubieten sind, weshalb wir natürlich auch Rechtsberatungen per Tele- fon oder Video- und Onlinekonferenz ab- halten können.
Außerdem ist die Inanspruchnahme von Rechtsdienstleistungen von der Ausgangs- beschränkung ausgenommen, sodass Sie sich bei Bedarf auch persönlich unter Ein- haltung der sonstigen Schutzmaßnahmen von uns rechtlich beraten lassen können.
Unsere Sprechstelle in den Gemein- deräumlichkeiten am 4. Dezember entfällt allerdings, stattdessen kön- nen Sie sich aber telefonisch am 4.12.2020 in der Zeit von 14:00 bis 16:00 unter 02742 83 235 kostenlos beraten lassen.
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