Page 33 - protect-it_Ausgabe_62_2021/22
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SVP
                                                                                                        RUBRIK


                                                              wie Alufolie und Plastiktüten stellten die Entwickler anfangs
          TECHNIK STECKT BEREITS IN VIELEN AKTUELLEN          vor ein Problem. Damit die App die vielen Reflexionen nicht
          SMARTPHONES                                         mit Spionagekameras verwechselt, testet die Software jetzt zu-
          Bisher gab es keine einfache Möglichkeit, um sich gegen die   nächst, ob die Lichtpunkte rund genug sind. Linienförmige
          heimliche  Videoüberwachung zu wehren. Man kann zwar   und rechteckige Reflexionen werden ignoriert. Schliesslich
          spezielle Detektoren kaufen, die versteckte Kameras aufspü-  prüft eine mit 10.000 Fotos von Minilinsen trainierte künst-
          ren sollen, doch deren Ausbeute war bisher eher bescheiden,   liche Intelligenz (KI), ob es sich um eine Kamera oder viel-
          denn bisher eingesetzte Detektoren versuchen, Funksignale   leicht doch nur um ein Bohrloch in der Wand handelt.
          oder Magnetfelder zu erkennen, die von Spionagekameras
          emittiert werden. Dadurch ist es zwar möglich, die Anwesen-
          heit einer versteckten Kamera nachzuweisen. Ihren Standort
          aber kann man so nicht feststellen. Auch Rotlichtsensoren,
          die auf versteckten Linsen Reflexionen erzwingen sollen, sind
          lange nicht so effizient wie die LAPD-App.
          Den Erfindern des Antispionage-App ist wichtig, dass ihre
          Software auf gewöhnlichen Smartphones funktioniert. Ein-
          zige Voraussetzung: Das Gerät muss mit einem sogenannten
          Time-of-Flight-Sensor (ToF) ausgestattet sein. Solche  ToF-
          Chips stecken beispielsweise in dem LG V60, dem Huawei
          P30 sowie dem Samsung Galaxy S20+. Zwar bringen auch
          die Pro-Modelle der Apple iPhones 12 und 13 mit ihren Li-
          dar-Scannern diese Technologie mit. Doch liefern die And-
          roid-Geräte bisher zuverlässigere Daten als die Schnittstelle
          der Apple-Smartphones.
















                                                              GRENZEN UND CHANCEN
                                                              Problematisch wird es für die Anti-Spionagekamera-App
                                                              nur, wenn die versteckten Kameras ungewöhnlich gross sind.
                                                              Denn die Software verfügt über eine Filterfunktion, die nur
                                                              runde Objekte mit mehr als zwei Millimetern Durchmesser
                                                              aussortiert. Gelingt es also einem «Spion», eine ziemlich gros-
          REFLEXIONEN GESUCHT                                 se Kamera zu verstecken, wird sie vom LAPD-System wahr-
          Die ToF-Sensoren der Smartphones werden in erster Linie zur   scheinlich ignoriert. – Höchstwahrscheinlich bleiben aber die
          Unterstützung von deren Kameras verwendet. Mithilfe von   heimlichen Beobachter doch eher bei Minisystemen, da man
          Infrarotlicht prüfen sie, wie weit Personen, Möbel und Wän-  sonst die Kameras auch von blossem Auge erkennen würde.
          de entfernt sind. Je länger das Licht braucht, um von einer
          Oberfläche  reflektiert  zum  Sensor  zurückzukommen,  desto
          weiter ist das Objekt entfernt. Die Scanner werden also ein-
          gesetzt, um im Raum nach besonders hellen Reflexionen zu
          suchen. Der Trick: Kameralinsen reflektieren Licht stärker als
          die meisten anderen Oberflächen. Es ist derselbe Effekt, der
          Katzenaugen im Scheinwerferlicht aufleuchten lässt.  Wenn
          das Infrarotlicht des ToF-Sensors auf die stark reflektieren-
          de  Linse  einer  Minikamera  trifft,  erscheint  diese  auf  dem
          Kamerabild als dunkler Fleck, den die Software als versteckte
          Kamera deutet.
          Die vielen Leuchtpunkte auf stark glänzenden Oberflächen



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