Page 29 - Magazin_Bildungswerkstatt_2_feb2021
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teressengruppierungen und diversen illustren was Schule sein soll und zu leisten hat, braucht
und weniger illustren Vereinigungen! Das hat sich es immer.
aber mittlerweile beruhigt – der Lehrplan 21 ist
angekommen und etabliert. Und das freut mich! Die Corona-Krise ist noch nicht vorbei, bis
Frühsommer muss wohl mit weiteren ein-
Braucht es auf nationaler Ebene mehr Bil- schränkenden Massnahmen gerechnet wer-
dungspolitiker, die auch als solche wahrge- den, welche auch die Schulen treffen könnten.
nommen werden? Welche Probleme sehen Sie da auf die Schulen,
Lehrpersonen und Eltern zukommen?
Auf jedem Fall! Bildung darf nicht nur ein Thema
vor den Wahlen sein. Obwohl die Schulbildung in Corona ist eine aktuelle Dauerherausforderung
der Hoheit der Kantone ist, braucht es auch Für- für die Schule. Ich stelle fest, dass es nicht rich-
sprecher auf nationaler Ebene in National- und tig oder falsch gibt, nicht schwarz oder weiss. Wir
Ständerat. Gerade bei den Parteien stelle ich im- stecken in einer sehr anspruchsvollen Situation,
mer wieder fest, dass sie wo es sich die Behör-
mit grossem Brimborium Es braucht mehr Bildungspolitiker und den mit ihren Entschei-
bildungspolitische The- Politikerinnen auf nationaler Ebene. den immer auch gleich
men bearbeiten, wenn es etwa mit der Hälfte der
wahltaktisch gerade gut
Fète de Vignerons, Vevey Menschen verscher-
in den Kram passt. Fairerweise muss man aber zen. Die Kritik prasselt dann jeweils über die
sagen, dass es durchaus einzelne Politikerinnen Entscheidungsträger in Bundesrat, Regierungen,
und Politiker aus den nationalen Parlamenten Schulbehörden und Schulleitungen herein. Co-
gibt, die sich Bildungsthemen glaubwürdig auf rona wird weiterhin eine grosse Belastung für
die Fahne geschrieben haben. das System bleiben. Die weiteren Wellen haben
die Schweiz voll getroffen. Hauptziel bleibt die
Ist das schweizerische Bildungssystem den Eindämmung der weiteren Ausbreitung, um die
zukünftigen Anforderungen gewachsen? Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und vor
allem eine Überlastung des Gesundheitswesens
Die Schule tut gut daran, sich stetig zu reformie- abzuwenden. Es hat mich nicht verwundert, dass
ren. Stillstand bedeutet Rückschritt. Es gibt ja nun auch die Schulen vermehrt in den Fokus ge-
das Bonmot: «Wir sind Schüler von heute, die in rieten. In der Erziehungsdirektorenkonferenz EDK
Schulen von gestern, von Lehrern von vorges- waren wir uns einig: Einen schulischen Lockdown
tern, mit Methoden aus dem Mittelalter auf die wollten wir vermeiden. Wir müssen die Schäden
Probleme von übermorgen vorbereitet werden». so klein wie möglich halten: die gesundheitlichen
Das ist natürlich nicht im Sinne des Erfinders! Ich Schäden, die wirtschaftlichen Schäden und die
finde schon, dass die Schule sich in einem guten gesellschaftlichen Schäden. Gerade auch für un-
Reformprozess befindet. Schule ist auch Hort der sere Kinder und Jugendlichen! Der Schutz der Ge-
Stabilität in bewegten Zeiten. So gesehen bin ich sundheit und der Wirtschaft stehen nicht im Wi-
froh, dass die Schule als Supertanker unterwegs derspruch zueinander. Im Gegenteil. Je schneller
ist und nicht als kleines Schifflein, dass bei jeder wir das Virus in den Griff kriegen, desto weniger
Sturmwelle gleich ins Schlingern kommt. Gute, leidet die Wirtschaft.
bewährte pädagogische Grundprinzipien lassen Die Schule wollen die Behörden immer als Hort
sich zum Glück nicht einfach durch gesellschaft- der Sicherheit und Normalität möglichst lange
liche Unwägsamkeiten über den Haufen werfen. aufrecht halten. Andere Länder um uns herum
Den Dialog aller an Schule Beteiligten und der greifen zum Teil zu viel drastischeren Massnah-
Verantwortungsträger in Politik und Behörde, men. Die Schweiz schlägt einen eigenen, differen-
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