Page 30 - IHK epaper - EBook 01_02_2023
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In der Werkshalle begutachtet Armin Seitz Anlagen. Regelmäßig finden auch strenge Audits durch Kunden statt
Bei schönem Wetter kann jeder alles. Bei schlechtem Wetter muss man es können.
Armin Seitz
Ja, neben den Einsparungen haben wir so weit wie möglich noch günstige Verträge abgeschlossen und versucht, Mehrkosten über den Preis an Kunden wei- terzugeben. Der Anteil der Energiekosten an unse- rem Umsatz ist aber auch nicht so hoch. Er liegt bei etwa zwei Prozent. Fünf Prozent sind Personalkos- ten. Mehr als 85 Prozent macht der Rohstoffeinkauf aus. Dort ist für uns der Hebel am größten. Glückli- cherweise sind zuletzt die Preise für Mandeln – der für uns wichtigste Rohstoff – stabil geblieben oder sogar gesunken.
Haben Sie nicht auch die Lieferkettenproblematik beim Rohstoffeinkauf zu spüren bekommen?
Ja, Mandeln beziehen wir zum größten Teil aus Kalifornien. Während der Corona-Zeit, von Anfang 2021 bis Mitte 2022, hatten wir erhebliche Probleme, weil es unglaublich wenig Kapazitäten in der Con- tainer-Schifffahrt gab. Wir mussten deshalb sehr viel höhere Lagerbestände vorhalten, das war schwer und bindet unglaublich viel Kapital. Aber wir haben uns gesagt: Jetzt können wir uns bei unseren Kunden profilieren, wenn wir es schaffen, ohne Lieferun- terbrechung weiterzuarbeiten. Wir haben dann die Lagerbestände verdoppelt.
Wie konnten Sie die den Lagerbestand aufbauen, wenn zu wenig Containerschiffe unterwegs waren? Wir haben das Problem relativ früh gesehen. Unsere Lieferanten hatten uns früh mitgeteilt, dass es immer schwieriger wurde, einen Container zu buchen. Dar- aufhin haben wir angefangen, ganz massiv Ware abzurufen. Am Ende haben wir es gerade eben geschafft, eine Lieferunterbrechung zu vermeiden.
Sie brauchen aber nicht nur Mandeln aus Kalifornien.
Richtig. Wir brauchen jede Nuss, außer Erdnüsse, weil die Gefahr allergischer Reaktionen hoch ist. Haselnüsse beziehen wir aus der Türkei und aus Georgien. Da war es so, dass ein georgischer Fah- rer zu uns gekommen war und nach der Rückkehr drei Wochen in Quarantäne musste. Es war dann sehr schwer, überhaupt noch Fahrer zu motivie- ren, zu uns zu kommen, weil sie dann drei Wochen nichts verdienen konnten. In Georgien ist es mit der Lohnfortzahlung ja anders als bei uns. Wir haben die Haselnüsse dann vom Schwarzen Meer aus per Schiff kommen lassen. Wir haben eigentlich immer Lösungen gefunden.
Sie haben also reichlich Erfahrung im Krisenma- nagement gesammelt.
Bei schönem Wetter kann jeder alles. Bei schlechtem Wetter muss man es können. Wir haben investiert und frühzeitig Ware abgerufen. Vor allem kennen wir uns sehr gut auf unseren Märkten aus und haben zuverlässige Partner. Aber das muss man sich lang- fristig aufbauen. Damit kann man nicht erst anfan- gen, wenn sich eine Krise ankündigt. Aber jede Krise ist immer auch eine Chance.
Haben Sie Spaß an diesem Krisenmanagement?
Es ist auf jeden Fall eine große Herausforderung, sich zu überlegen, wo Bedrohungen entstehen. Das gehört nun mal zu den Aufgaben eines Managements. Wir haben aber keine feste Strategie dafür. Man muss sich einfach mal Zeit für entsprechende Überlegungen nehmen. Vieles lässt sich dann schon vorab erahnen.
Ist das für Sie ein Routineprozess?
Nein, darüber kann ich auch am Wochenende nach- denken, wenn ich mit dem Hund draußen bin, oder spontan nach Gesprächen mit Geschäftspartnern, wenn ich wichtige Informationen aufschnappe. Das sind Momente, die ich ganz gern mag, weil man auf gute Ideen kommt und Maßnahmen mitunter frü- her als die Konkurrenz entwickeln kann.
Wie stark treffen Sie die diversen Preissteigerungen?
Es hängt immer davon ab, welcher Hebel wirkt.
Berliner Wirtschaft 03 | 2023
FOTO: AMIN AKHTAR