Page 44 - BiLD am Sonntag (+04.12.2016)
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44 Stars & Kultur 4. Dezember 2016
BILD am SONNTAG,
Kunst-Star b Am Beklemmend
Gregor Schneider Ende der kühl ist
vor seinem Ausstellung dieser Gang
umstrittenen kommt der aus dem US-
Sterbezimmer. Zuschauer Gefängnis
Museums- in diesen Guantánamo,
besuchern ist Matsch- den der Mario Adorf
das Betreten raum mit Künstler in „Rossini“
dieses Werks Schlamm- Bildern nach-
verboten becken empfand d Adorf erlitt Unfall
in Kult-Film
Bremen – In einer Szene emen – In einer Szene
des Kultfilms „Rossini“ von
1997 ging es heißer her als
Kunst-Star beabsichtigt: Schauspie-
Gregor Schneider ler Mario Adorf (86) beug-
zeigt in Bonn te sich zu Veronica Ferres
einen Parcours (51) hinunter, sein Schlips
fing Feuer. Das war zwar
des Schreckens Absicht – die Folgen aber
nicht! „Die Krawatte war
aus Kunststoff“, erzählte
Mario Adorf bei „3 nach 9“.
BamS trif t den „Einige Fetzen lösten sich,
fügten mir Verbrennungen
zu. Ich ließ mir natürlich
nichts anmerken.“
Herrn der Räume
Die weißen Wände sind kahl, Sein „Sterberaum“ ist der Nach- Haus „Ur“, das er 2001 in den seph Goebbels in Rheydt ent-
der Parkettboden geschrubbt, bau eines Zimmers aus dem Haus deutschen Pavillon auf der deckt, kauft er es Jahre später
der Raum leer. Fünf Decken- Lange in Krefeld von Mies van Kunstbiennale Venedig ein- und pulverisiert alle Innenräu-
Strahler tauchen das Zimmer der Rohe, einem der bedeutends- baute und damit den Golde- me. Nichts bleibt übrig außer
in ein unwirkliches Licht. Hin- ten Architekten der Moderne. „In nen Löwen gewann. Jetzt in den Außenwänden. Den Bau-
ten eine geschlossene Tür, vorn so einem Raum möchte ich ster- Bonn sind davon auch einige schutt fährt er vor zwei Jahren Isabelle
eine Fensterfront mit Tür. Aber ben“, gesteht Schneider. „Ich hof- Kubikmeter Holz und Stein zu in einem Lastwagen erst vor die Huppert
hinein darf niemand. fe natürlich, dass ich es noch lan- sehen. Nationalgalerie Zacheta in War-
ge nicht brauche.“ Sterben ist für Der kellerartige Eingang ist so schau (Polen), dann vor die
VO N MICHAE L B I SCH O F F Stars und
ihn kein Tabuthema. Im Gegen- unwirklich, dass der Besucher Volksbühne in Berlin, danach auf
Dies ist der „Sterberaum“ von teil. „Doch wir verdrängen den jederzeit auf die Treppe nach eine Müllhalde. Filme mit Oscar-
Gregor Schneider (47). Kunst auf Tod, wollen nichts von ihm wis- oben wartet, obwohl er nie ir- Was bleibt, sind zwei Video-
rund 35 Quadratmetern, die ei- sen. Wir müssen unsere letzte gendwo hinuntergegangen ist. fi fi lme: Schneider unbeweglich lme: Schneider unbeweglich Chancen
nem den Atem stocken lässt. Als Zeit viel mehr gestalten und nicht Die Illusion ist täuschend per- beim Schlafen in Goebbels Kin-
der Künstler aus Rheydt 2008 da- anderen überlassen“, fordert er. fekt, die Aneinanderreihung der derzimmer und beim unend- New York – Der Kreis der k – Der Kreis der
rin einen todkranken Menschen Glauben Sie an ein Leben nach unterschiedlichsten Zimmer be- lich langsamen Suppelöf eln Suppelöf eln öf Oscar-Favoriten wird en-
wirklich sterben lassen wollte, dem Tod? Der Künstler denkt lan- klemmend. Kühl und weiß ein in der Küche. Beide fl immern ide fl immern ger. Ein bedeutender Grad-
sorgte er für einen Skandal. Er ge über eine Antwort nach, zuckt Gang aus dem berüchtigten US- in Bonn. messer sind die US-Film-
erhielt Todesdrohungen. Jetzt die Achseln: „Es heißt ja immer, Gefängnis Guantánamo. Diesen Zurück zum Sterbezimmer. „In preise des New York Cri-
zeigt er den Raum zum ersten die Energie soll nicht verloren Ort hat er nie persönlich erlebt, der gesamten Kunst geht es um tics Circle, die jetzt verge-
Mal in Deutschland – leer. gehen.“ Als kleiner Junge war durch Fotos und Beschreibun- Leben und Tod“, so Schneider. ben wurden. Aufregend für
Die Bundeskunsthalle in Bonn Schneider fünf Jahre Messdiener. gen nachempfunden. So wie die „Wir leben in einer sich verfl üs-erfl üs- Deutschland: Maren Ades
widmet dem international renom- „Später habe ich einige Jahre als beiden Metallräume dahinter. sigenden Zeit.“ Was wird von Ih- Tragikomödie „Toni Erd-
mierten Künstler eine Werkschau. Sargträger gearbeitet.“ Glaubt er Symbole für Weiße Folter. Das nen bleiben? „Ich glaube nicht, mann“ wurde als bester
Eine der ungewöhnlichsten Aus- an Gott? „Die absolute Wahrheit ist Folter, die keine Spuren hin- dass ich als persönliche Seele fremdsprachiger Film aus-
stellungen ihrer 24-jährigen Ge- wird es geben, sich mir aber nicht terlässt. Einer grell hell, einer außerhalb des Körpers existie- gezeichnet. Bester Film:
schichte. Titel: „Wand vor Wand“. erschließen.“ bitterkalt. Hier will jeder schnell ren werde, aber sicherlich als das Musical „La La Land“.
Schneider kreierte einen beklem- Schneider baut Räume in raus. Als Schneider 2007 das völ- Matsch.“ Bester Darsteller: Casey
menden Parcours mit Räumen Räume. Wand vor Wand. Spek- lig unzerstörte Geburtshaus von Die Ausstellung läuft bis Affleck („Manchester By
des Schreckens. takulär sein kleinbürgerliches Hitlers Propagandaminister Jo- 19. Februar 2017. The Sea“). Beste Haupt-
darstellerin: Isabelle Hup-
pert („Elle“).
Kino
Bühne
Musik „Alle Farben des Lebens“ „Marat/Sade“ in Berlin
Kultur-Tipps der Woche Es ging ihm nicht über dem Tonstudio Ray (Elle Fanning), (Susan Saran- Lebens“ zum Er- Am Donnerstag wäre US-Theaterpreis Tony FOTOS: THOMAS RABSCH, DPA/GEISLER-FOTOPRESS, ARNO DECLAIR, PR
Pete Doherty „Hamburg Demonstrations“
Revolution mit Moderation
Ramona will ein Junge sein
Dunkle Songs aus der
Drogen-Zeit
der Autor Peter Weiss
Award ausgezeichnet,
don) und deren
als Ramona
lebnis: Drei Ge-
100 geworden. Ein
wird hier zur Revolu-
geboren, fühlt
Lebensgefährtin,
nerationen unter
gut, als er dieses
lebte. Die Songs auf
tions-Show mit
guter Grund für das
einem Dach ge-
die im gleichen
sich als Junge,
„Hamburg Demonst-
Solo-Album auf-
Deutsche Theater in
Gesang und Modera-
Haus leben. Die
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Berlin, sein 1964
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oft traurig. Einmal
mit dem Monster-Titel
aller Unterhaltung sehr
Transsexualität
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erty (37) war schwer singt er sogar auf
„Die Verfolgung und
nachdenklich macht.
(Naomi Watts)
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Dolly Elle Fanning, Naomi Watts, Susan Sarandon (v. l.) Puppen vorm Körper
Das Werk, mit dem
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