Page 20 - Volksdorfer Zeitung April 2017
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Original-Bibliothek zu Zeiten Heinrich von Ohlendor .
Prächtige Bücher und wechselnde Ausstellungen beleben heute die Bibliothek.
des Bestands treibt aber auch manchmal seltsame Blüten. Bü- cher, besonders über Musik, verschwinden. Neue – ohne die kennzeichnenden Einkleber – tauchen in auffallender Men- ge in den Regalen unter. Be- sonders gern werden schwer- gewichtige Bildbände über Rei- sen und Kunst in der Bibliothek abgestellt. Ein Problem für sich sind vielbändige Lexika. Die seit 1998 erscheinende Ency- clopaedia Britannica (40 Bän- de) ist ein Schatz. Die 20bän- dige Brockhaus Enzyklopädie hat sich bereits doppelt einge- funden, dazu der sechsbändi- ge „Große Brockhaus“. Auch Meyers umfangreiches Konver- sations-Lexikon steht zweimal zur Verfügung und blockiert die Regale in Sichthöhe. Eine Rundumreihe von diesen ist auf Wunsch der Kaffeehaus-Päch- terin zudem für wechselnde Bilder- oder Kunstgewerbe-Prä- sentationen reserviert.
Ein weiteres Problem stellt sich durch die deckenhohen Regale, die ohne Leiter nicht zu erreichen sind. Hier be nden sich vorzugsweise Klassiker von Goethe, Gottfried Keller, Kleist, Lessing bis Schiller und Shakes- peare. Zwar gibt es im Oberge- schoß der Villa eine Leiter. Sie kann ohne Gefahr oder Störung des Kaffeehausbetriebs aber nicht eingesetzt werden.
Zur Zeit verfügt die Biblio- thek in der Ohlendorffschen Villa über stolze 1.548 Bücher, alles Schätze aus Volksdorfer Privatbesitz. Regelmäßig gehen bei der Stiftung Ohlendorff- sche Villa oder beim Kultur- kreis Walddörfer weitere Ange- bote ein. Ganze Bücherwände oder Umzugskartons voller Le- sestoff können nicht mehr un- tergebracht werden. Um noch mehr Dubletten zu vermeiden, können aber konkrete Einzelti- tel aus den Bereichen Biogra- en und Schöne Literatur ge- prüft werden. Taschenbücher sind ausgeschlossen. Wie zu Zeiten ihres Gründers Hans von Ohlendorff versteht sich die Büchersammlung in der Vil- la als Volksdorfer Bildungsbib- liothek.
VON KARIN VON BEHR
Zu den Attraktionen
der im Jahr 2014 eröff- neten Ohlendorffschen Villa im Zentrum von Volksdorf ge- hört die Bibliothek im Café. Ne- ben der zentralen Lage im Orts- kern, dem zu neuem Leben er- weckten Denkmal feudaler Bau- kultur der Dreißiger Jahre und nicht zuletzt den süßen Köst- lichkeiten des Wiener Cafés ver- mittelt die Bibliothek das Gefühl heimischer Behaglichkeit. Das liegt nicht nur an den offen zu- gänglichen Büchern, die jeder in die Hand nehmen kann, son- dern auch daran, dass sie alle- samt aus Volksdorfer Privatbe- sitz stammen und hier von ihren ehemaligen Eigentümern „be- sucht“ werden können.
Kaum waren bei der denk- malgerechten Restaurierung im ehemaligen Musikzimmer des Bauherrn Hans von Ohlen- dorff (1880-1967) unter den Spanplatten des Ortsamts die rundum eingebauten Rega- le zutage gekommen, entstand der Wunsch, die vormalige Bi- bliothek bis zur Eröffnung des Kaffeehauses neu zu beleben. Ein Aufruf in der Regionalpres- se löste einen unerwarteten Bü- chersturm aus. Ein Konzept im Geist des musikalischen Schön- geists Hans von Ohlendorff musste her. Eine frühere Bib- liothekarin der Hamburger Öf- fentlichen Bücherhallen stellte es auf.
Heute enthält die Ohlen- dorffsche Bibliothek Klassiker von Goethe bis Brecht, „Schö- ne Literatur“ von Isabel Allen-
OHLENDORFFSCHE VILLA
Die Bibliothek im Café
de bis Stefan Zweig, Lyrik von Gottfried Benn bis Mascha Ka- leko. In der Abteilung Biogra- en äußern sich Zeitgenossen von Eugen Diesel bis Helmut Schmidt. Manche Regale bie- gen sich unter vielbändigen Le- xika. Kunst- und Reisebücher, eine ganze Abteilung mit Gar- tenbüchern möchten geblättert und gelesen werden. Es gibt eine Hamburg-Abteilung und die Walddörfer-Ecke. Einen ei- genen Auftritt haben Volksdor- fer Autoren wie Theo Sommer und Tina Uebel. Daneben ver- sammeln sich die schreibenden Mitglieder der Familie Ohlen- dorff. Eine Nische mit Musik- büchern erinnert an Hans, den einstigen Hausherrn, den Orgel spielenden und komponieren- den letzten Bewohner der Villa.
Ein ehrenamtliches Team – Re- nate Goedecke, Jörg Beleites, Wulf Denecke und Karin von Behr – kümmern sich im mo- natlichen Turnus um die Ord- nung in den Regalen.
Die Bücher dürfen auch ausgeliehen werden
Die Bücher dürfen nicht nur vor Ort geblättert und gelesen, son- dern bis auf Lexika, Spectacu- lum, die Frankfurter Antholo- gie oder die Literatur-Nobel- preisträger – auf Vertrauens- basis – auch entliehen werden. Zurückgebrachte Bücher kön- nen im Regal hinter dem Gar- derobenständer abgelegt wer- den und gelangen durch das Bi- bliotheksteam an ihren ange- stammten Platz zurück.
Die offene Handhabung
20 VolksdorferZeitung April 2017