Page 116 - Das Wunder der Migration bei Tieren
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DAS WUNDER DER MIGRATION BEI TIEREN

                     Wissenschaftler, die sich mit der Heuschreckenwanderung beschäfti-
                 gen, erhalten höchst erstaunliche Ergebnisse.  Wenn man sich den
                 Körperbau, den Lebensstil, das Verhalten und die Beziehung zur Umwelt der
                 Heuschrecken betrachtet, bemerkt man, dass sie zwei verschiedene
                 Entwicklungsstufen haben. Das eine ist die Phase als Individuum das andere
                 als Schwarm. Im Stadium als Individuum lebt die Heuschrecke alleine, wenn
                 sie in den Schwarm eintritt und die Wanderung antritt, verwandelt sie sich in
                 ein Wesen, das enormen Schaden anrichten kann.
                     Unter normalen Umständen bevorzugen es Heuschrecken alleine zu
                 leben und suchen nicht die Gesellschaft anderer. Doch wenn die äußeren
                 Umstände sie zwingen, rotten sie sich zusammen. Dann beginnt für die
                 Heuschrecken die Zeit der Veränderung. Mit der Phase des Lebens im
                 Schwarm verändert sich der Körperbau der Heuschrecke. Sie wächst, ent-
                 wickelt starke und durchsichtige Flügel und wechselst ihre Farbe von gelb-
                 grün in schwarz. Diese Veränderung ist so weitgehend, dass Wissenschaftler
                 früher eine einzige Art als zwei unterschiedliche, nämlich “Individuum” und
                 “Schwarm” unterteilt haben. Erst vor 60 Jahren konnte herausgefunden wer-
                 den, dass ein und dieselbe Art zwei unterschiedliche Phasen mit unterschied-
                 lichen Eigenschaften haben kann.
                     Doch nicht nur äußerlich verändern sich die Heuschrecken, wenn sie in
                 die Phase als Schwarmtiere eintreten. Auch ihr Verhalten ändert sich und sie
                 nehmen sehr viel mehr Nahrung auf als normal. Eine Wüstenheuschrecke,
                 die in der Schwarmphase ist, nimmt täglich ihr eigenes Körpergewicht an
                 Nahrung auf.  Wenn man sich vor  Augen hält, wie groß ein
                 Heuschreckenschwarm sein kann, wird der Schaden, den diese verursachen
                 können, offensichtlich. Ein Schwarm kann ein Gebiet in der Größe von 1000
                 qm abdecken und auf jeden Quadratkilometer kommen 50-100 Millionen
                 Käfer. Ein großer Schwarm braucht pro Tag rund 80.000 Tonnen Nahrung.
                 Das ist eine Menge, die 40.000 Menschen ein Jahr lang ausreichen würde.
                 Ein Stamm mit so einer enormen Größe kann der Region, in der er landet,
                 großen Schaden zufügen.
                     Ein Arzt in Nebraska hat im Jahr 1874 anhand der Geschwindigkeit
                 und Tiefe eines Schwarms, der den Himmel verdunkelte, festgestellt, dass es





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