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KUVERTÜRE ODER GLASUR?
Wer Kekse oder Kuchen überziehen will, greift gerne zu
Kuvertüre. Sie muss mindestens 31 Prozent Kakaobut-
ter (Schokolade: 18 Prozent) enthalten und ist wegen
ihres höheren Fettanteils nach dem Schmelzen flüssig
und gut zu verarbeiten. Allerdings muss sie vorsichtig
erhitzt werden, sonst wird die Masse zu dickflüssig
und der Überzug grau.
Bei kakaohaltiger Glasur spielt das keine Rolle, sie
ist auch für Laien beim Weihnachtsbacken einfach zu
verwenden. Allerdings: Statt hochwertiger Kakaobut-
ter enthält sie preiswertere Pflanzenfette wie Palmöl
und oft auch Aromen und Emulgatoren. In Zusammen-
setzung und Geschmack kann sie mit echten Schokola-
denprodukten nicht mithalten.
7,89
KILOGRAMM
SCHOKOLADE
essen die Deutschen im Schnitt
pro Kopf im Jahr
Quelle: Statista für das Jahr 2023
von preiswertem Rübenzucker und maschineller Herstellung
wurde Schokolade zum Massenprodukt. Sie wechselte dabei
ihr Erscheinungsbild und kam nicht mehr nur in Trinkform,
sondern auch als Tafeln oder Pralinen und ab 1911 in Alumi-
niumfolie verpackt in die Geschäfte.
Seitdem liegt die Kakao-Kreation meist in den Maßen
16 mal 7,5 Zentimeter im Regal und ist knapp einen knacki-
gen Zentimeter dick (quadratische Ausnahmen bestätigen
die Regel).
Der Herstellungsprozess ist kompliziert und besteht, ver-
einfacht, aus den folgenden Schritten: Ernte und Fermenta-
tion, Trocknen und Rösten, Mahlen, Pressen, um Kakaobut-
ter und Kakaopulver zu trennen. Darauf folgt das Mischen,
dabei werden Zutaten wie Zucker oder Milchpulver hinzuge-
fügt, das anschließende Erwärmen und Rühren wird Con-
chieren genannt. Der vorletzte Schritt ist das Temperieren,
bei dem die Schokolade kontrolliert abkühlt, um die richtige
Kristallstruktur zu erhalten – und ganz am Ende wird die
Schokolade in Formen gegossen. Das Resultat der Mühe ist
nicht nur der typische Geschmack, sondern auch ein feiner
Glanz und das köstliche Knacken beim Anbeißen.
Die erste Schokolade war bitter
Es hat sich also ziemlich viel getan, seit die Mayas vor mehr
als 2.000 Jahren die Kakaobohne als „Geschenk der Götter“
verehrten und die Azteken die Früchte des Kakaobaums
sogar als Zahlungsmittel verwendeten. Neu entdeckte Funde
zeigen, dass die menschliche Liebe zur Schokolade sogar
noch deutlich älter ist: Spuren auf den Scherben von alten
Tontöpfen lassen darauf schließen, dass Kakao bereits vor
rund 5.300 Jahren in den Regenwäldern des heutigen Ecua-
dor genossen wurde.
Die Kakao-Drinks der Urzeit waren zwar gewürzt, aber
vergleichsweise bitter – denn die Zutat, die der Schokolade
später den Durchbruch in Europa verschaffen sollte, fehlte
damals: Zucker. Erst durch den intensiven Süßstoff entwi-
ckelte Schokolade ihren verführerischen Sog. Und damit
ihre kaloriengetriebene Kernherausforderung für alle
Schokoholics: Wie viel davon darf ich essen? Die Antwort
ist die gleiche wie bei allen Genussmitteln: in Maßen.
Dabei hat wohl niemand diese Frage so elegant beantwor-
tet wie Katharine Hepburn. Die Hollywoodlegende erklärte
einem Journalisten das Geheimnis ihrer gertenschlanken
Figur: „Was Sie vor sich sehen, ist das Ergebnis lebenslan-
gen Schokoladengenusses.“
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