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Liebe Schachfreunde!
Nach den scharfen Angriffsmustern mit verschiedenen "Dosenöffnern" und "Desperado-Opfern" á la Michail Tal wollen wir nun einer ruhigerer An- griffsführungsmethode unsere Auf- merksamkeit widmen - dem Aufbau "Botvinnik-Dreieck". Die unauffällige Spielweise mit der Bauernformation auf c4, d3, e4 (oder c5, d6, e5) nebst Fianchetto am Königsflügel hat kein anderer als Weltmeister Botvinnik be- kannt gemacht (übrigens hat er selber die Urheber-Rechte an Nimzowitsch verwiesen.) Wir fangen mit einer klas- sischen Botvinnik-Partie an, bei der die Angriffsideen am Königsflügel vom Patriarchen des sowjetischen Schachs konsequent durchgeführt wurden.
K M. Botvinnik k E. Geller
UdSSR 1966 - Englisch [A26]
1.c4 g6 2.g3 Lg7 3.Lg2 e5 4.Sc3 d6
Geller galt als einer der ersten echten Königsindisch-Kenner, dessen Spielver- ständnis sogar Botvinnik hoch gelobt hat. Diesmal wird der berühmte Eröff- nungstheoretiker nicht zu seiner be- liebten Verteidigung kommen.
5.d3 Se7 6.e4! 0–0 7.Sge2 Sbc6
XABCDEFGHY 8r+lwq trk+( 7zppzp snpvlp' 6 +nzp +p+& 5+ + zp + % 4 +P+P+ +$ 3+ sNP+ zP # 2PzP +NzPLzP" 1tR vLQmK +R! xabcdefghy
Hier sehen wir das berüchtigte Bau- erndreieck, welches inhaltsreiche Stel- lungen ergibt. Mit vertauschten Far- ben können wir auch die Abrisse des geschlossenen Sizilianer erkennen! Ich versuche mal kurz zu schildern, wel- che Vorteile Botvinniks Aufbau bietet:
+ Sichere Zentrumskontrolle - wegen der festen "Belagerung" des d5-Feldes.
+ Ruhige Lage des weißen Königs, da Dank der Kontrolle um f4 er sorgen- los auf die kurze Seite rochieren kann, ohne die "Königsindische Bauernwalze" zu befürchten.
+ Es besteht eine Riesenauswahl zwi- schen verschiedenen Plänen, die so- wohl einzeln als auch kombiniert aus- geführt werden können:
1. Der Vorstoß b2-b4-b5, um Schwarz am Damenflügel einzuengen (in mei- nen Augen wird dies eher als eine Art "Täuschungsangriff" durchgeführt!).
2. Die Offensive im Zentrum - mittels Sc3-d5, Lc1–e3 und d3-d4 - natürlich, wenn Schwarz es erlaubt!
3. Angriff am Königsflügel: seltener mit h4-h5, öfter mit f4-f5, hierbei spielt der Tf1 eine wichtige Rolle.
Das Schlüsselfeld im Zentrum ist d4; manchmal gelingt es Weißen mit d3-d4 die Initiative in der Brettmitte zu erhal- ten. Eher selten kann Schwarz hier ir- gendwas erreichen (wie z.B. folgende Partie zeigen wird).
8.0–0 Le6 9.Sd5!
XABCDEFGHY 8r+ wq trk+( 7zppzp snpvlp' 6 +nzpl+p+& 5+ +Nzp + % 4 +P+P+ +$ 3+ +P+ zP # 2PzP +NzPLzP" 1tR vLQ+RmK ! xabcdefghy
In der Regel wird der Springer dann auf d5 installiert, wenn das Signal - Lc8-e6 - zum Vorschein kommt (es geht nicht mehr Se7xd5 wegen cxd5 - Gabel!).
9...Dd7 10.Le3 Sd4?!
Häufiger wird 10...f5 11.Dd2 Tf7 12.Tac1 Taf8 gespielt, was bedrohlicher aus- sieht.
Aber auch das bringt Schwarz nicht wei- ter. Dies wird aber eine separates The- ma sein.
XABCDEFGHY 8r+ + trk+( 7zppzpqsnpvlp' 6 + zpl+p+& 5+ +Nzp + % 4 +PsnP+ +$ 3+ +PvL zP # 2PzP +NzPLzP" 1tR +Q+RmK ! xabcdefghy
Dank des "Monsterspringers" auf d5 er- geben sich zwei Vorteile:
1. Weiß kann auf d4 mit dem Springer schlagen (bei Sc3 ginge dies nicht!).
2. Es besteht eine verführerische takti- sche Gelegenheit, auf e5xd4 mit Le3-h6 zu antworten!
11.Sxd4! exd4 12.Lh6!?
Botvinnik wollte auch ein bisschen Spaß haben, nachdem er den Weltmeister- titel ohne Revanche-Match-Option an Petrosian übergeben musste. Objektiv gesehen war 12.Lg5! die bessere Opti- on, z.B. 12...f6 13.Ld22 0–1 (39) Wilde, P (2274)-Hoolt,S (2187) NRW 2008
XABCDEFGHY 8r+ + trk+( 7zpp+qsnpvlp' 6 + zpl+pvL& 5+ zpN+ + % 4 +PzpP+ +$ 3+ +P+ zP # 2PzP + zPLzP" 1tR +Q+RmK ! xabcdefghy
12...c5 13.Lxg7 Kxg7 14.Dd2!
Die schwarzen Felder werden von der weißen Dame schon anvisiert...
14...Sxd5?!
Es ist leicht zu erklären, dass Geller den Springer los werden wollte...
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R O C H A D E E U R O PA MAI 2017
GM ZIGURDS LANKA
DYNAMISCHES SCHACH
BOTVINNIK-DREIECK - TEIL