Page 53 - Demo
P. 53
dort, sondern auch in Bremerhaven über schlugen sich die Lobeshymnen, die „Seute Deern“ wurde zur Herzensangelegenheit. Doch diese Willkür kann übertrumpft wer den. Im Laufe des Krisenjahres 2020 wollte man in Bremerhaven und bei der Bundeskul turbeauftragten immer weniger von einem Nachbau der Holzbark hören. Denn zwi schenzeitliche Machbarkeits und Varianten studien favorisierten im Frühjahr plötzlich eine ganz andere Lösung: einen Neubau! Aber bitte ein festliegendes, nicht segelbares Museumsschiff aus Stahl – auf beliebiger Ba sis eines traditionellen Dreimasters aus Bre merhaven! Der Grund: 46 Mio. Euro reichen zwar für ein neues Stahlschiff, nicht aber für den Nachbau der „Seute Deern“, die durch ihre markante Holzbauweise teurer käme. Kurzum: Nicht nur, dass Bremen das Kapitel „Seute Deern“ aus Kostengründen abge schlossen hatte und erst nach dem unerwar teten Geldsegen vom Bund kurzfristig Nach bauBegierden entwickelte. Nun soll es auch
noch ein Neubau werden und zwar losgelöst vom ursprünglichen Kern der ganzen Sache: der „Seute Deern“.
Spätestens an dieser Stelle hätten die Haus hälter im Bundestag reagieren müssen, denn sie haben Einsparmöglichkeiten für den Bun deshaushalt im Umfang von bis zu 46 Mio. Euro auf dem Silbertablett serviert bekom men. Die neuen Pläne hatten mit der haus haltsrechtlichen Zweckbindung der Bun desMillionen für die „Seute Deern“ nichts mehr gemein. Mehr noch: Mit Blick auf die enorme Neuverschuldung von 180 Mrd. Euro für 2021 hätten sie in den vergangenen Haushaltsberatungen das Projekt zwingend stoppen müssen – allein aufgrund der zahl reichen Meinungswechsel. Doch mit dem Be schluss, die Zweckbindung einfach aufzuge ben, damit nun der Neubau eines Stahlschiffs realisiert werden kann, hat die Beliebigkeit der Finanzpolitik trotz akuter Notlage des Bundeshaushalts einen traurigen Höhepunkt erreicht.
Aktion Frühjahrsputz 53
Peter Raap