Page 230 - Soziale Beziehungen, unter die Lupe genommen! 2019
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Schulen der systemischen Familientherapie
Es gibt verschiedene Schulen der systemischen Fami-
lientherapie; hierzu gehören die psychoanalytisch orien-
tierte Familientherapie, die Mailänder Schule, der struk-
turelle Ansatz, die lösungsorientierte Kurztherapie und
die erzählende Familientherapie.
Psychoanalytisch orientierte Familientherapie Schon
der Begründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud, er-
kannte die Bedeutung von Familienbeziehungen für die
Gesundheit seiner Patienten. Als nach dem Zweiten
Weltkrieg die Familientherapie rasch an Boden gewann,
trugen vor allem psychoanalytisch ausgebildete Thera-
peuten und Therapeutinnen zu ihrer Weiterentwicklung
bei, unter ihnen der deutsche Helm Stierlin. Gemeinsam
mit Horst-Eberhard Richter Jörg Willi und anderen wur-
de und wird eine psychoanalytisch orientierte Familien-
therapie vertreten, bei der die Familie als Einzelpatient
gesehen wird und ihre unbewussten Fantasien und
Symptome als Einheit betrachtet werden.
Die Mailänder Schule Die systemische Familienthe-
rapie, auch als Mailänder Modell bekannt, wurde von
einer Therapeutengruppe mit Maria Selvini Palazzolli
(1916-1999) entwickelt. Die Familie wird hier als ein
sich selbst organisierendes kybernetisches System gese-
hen, in dem alle Elemente miteinander vernetzt sind.
Die Therapie beginnt damit, dass die Absichten, die
Erwartungen und Ziele aller Familienmitglieder unter-
sucht werden. Zusammen mit ihnen versucht der Thera-
peut, den Ursachen der Probleme auf die Spur zu kom-
men, und sucht nach neuen und wirksamen Lösungen.
Die Therapeutin nimmt eine neutrale Stellung ein und
stellt zunächst Vermutungen darüber auf, warum die
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