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FLORA & FAUNA
BÄUME SIND WUNDERWESEN genstände, Waffen, Gebäude und nutzten das Holz über die Luft kommunizieren. Sie senden zum Bei-
auch zur Energiegewinnung (Feuer). Auch vielen spiel Duftstoffe aus, die Artgenossen vor Schädlin-
anderen Lebewesen bieten Bäume ein Zuhause, sie gen warnen
sind kleine Ökosysteme. Ausserdem verhindern sie Pflanzen und damit auch Bäume können sehr flexi-
Überschwemmungen und Erosion und tragen dazu bel auf ihre Umwelt reagieren. Bei Trockenheit bilden
bei, den Boden mit Nährstoffen anzureichern, das sie mehr Wurzeln, bei besten Bedingungen bilden
ist für die Landwirtschaft und den Ertrag wichtig. sie viele Blätter für ein starkes Wachstum. Bis anhin
Auch Bäume haben eine DNA! Wissenschaftler ha- ging man davon aus, dass die Bäume diese Umwel-
ben im Genom der Fichte 28.354 Gene entdeckt – terinnerungen nicht an ihre Nachkommen vererben
das sind mehr Gene als wir Menschen haben. können. Das Wissen also mit einer Generation im
Besonders die alten, ausgewachsenen Bäume sind Waldboden versinkt. Doch dem ist nicht so, wie For-
für uns wichtig, denn sie liefern jeden Tag so viel scher der Eidgenössischen Forschungsanstalt für
Sauerstoff wie 10 Menschen zum Atmen brauchen. Wald, Schnee und Landschaft (WSL) festgestellt ha-
Die Bäume verarbeiten dabei zusätzlich das Gas ben.
CO2, also Kohlendioxid. Das ist in unserer Luft ent- Wie Anpassungen auf die Umwelteinflüsse an den
halten. Zu viel Kohlendioxid ist schädlich für die Um- Nachwuchs weitergegeben werden, hat man auch
welt und für die Menschen. bei Tieren und Menschen erst in den letzten Jah-
ren erforscht. Dabei zeigte sich, dass die Erinnerung
Wie machen die das? über kleine Moleküle läuft. Über Methylgruppen, die
Zwar haben Bäume kein Gehirn wie wir, aber sie an die Bausteine der DNA angehängt werden. So
zeigen eine enorme Anpassungsfähigkeit an ver- können diese Moleküle beeinflussen, welche Gene
schiedene Umwelten, kommunizieren auf ihre eige- mehr oder weniger stark zum Einsatz kommen. Bei
ne Weise und reagieren auf Fressfeinde. Auch ohne einem Baum, der zum Beispiel kalte Bedingungen
Nervenzellen, produzieren sie Hormone, mit denen ertragen muss, sind es jene Proteine, die dafür be-
sie Sinnesreize durch ein feines Adergeflecht zu ih- sonders intensiv benötigt werden. Das Muster die-
ren eigenen Organen übermitteln – auf diese Weise ser Molekülgruppen, welche das notwendige Protein
fühlen, sehen, hören und kommunizieren sie. favorisiert, überträgt sich über Eizellen, Spermien,
Um mit anderen Bäumen im Wald zu kommunizie- Pollen und also auch Samen an die Nachkommen.
ren, verbünden sie sich mit Pilzgeflechten, die den Entdeckt haben sie dieses Phänomen im Pfynwald
Waldboden durchziehen. Bäume können aber auch im Wallis. Der trockene Föhrenwald wurde lange teil-
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