Page 36 - Swissness_Heft_25-2023
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FLORA & FAUNA
weise bewässert. Als die Bewässerung eingestellt lisierter Röhren, die als Xylem bezeichnet werden.
wurde, untersuchten die Forscher die Tannzapfen Durch die Anziehungskräfte zwischen Wassermo-
aus unterschiedlich bewässerten Gebieten. Dabei lekülen sowie zwischen Wasser und Pflanzenzel-
zeigte sich, dass Nachkommen von an Trockenheit len wird die Flüssigkeit von unten bis hin zu den
gewöhnten Elternbäumen mit wenig Wasser deutlich höchsten Blättern und Zweigen transportiert.
besser gediehen, da sie mehr Wurzelmasse bilde- Bei hohen Bäumen kann die Flüssigkeit im Xylem
ten. Hatten die Bäume genügend Wasser erging es unter sehr hohem Druck stehen – einem Mehrfa-
dem Nachwuchs der Eltern von bewässerten Flä- chen des Atmosphärendrucks. Die Anziehungs-
chen besser, da sie mehr Nadeln produziert hatten. kräfte zwischen benachbarten Wassermolekülen
Die Nachkommen sind von Anfang an auf die zu halten die Wassersäule jedoch intakt.
erwartende Situation vorbereitet. Der Prozess die- Bei Wassermangel geraten die trockenen Gefäss-
ser DNA-Methylierung ist eine Art Training für das wände der Bäume für Millisekunden in Schwin-
Genom. gung. Wenn der Mensch Ultraschall hören könnte,
dann würde er die Bäume bei Trockenheit schreien
Bäume verstehen lernen hören.
Zwar haben Bäume keine Sprache in unserem Sin- In sehr trockenen Bäumen kann dieser erhöhte
ne, aber sie produzieren Geräusche. Die Geräusche Druck dazu führen, dass die Wassersäule zer-
kommen vom Wasser, das von den Wurzeln nach reisst, sodass sich aus gelöster Luft Blasen bilden,
oben in die Krone gedrückt wird. Im Inneren der die den Wasserfluss unterbrechen. Diese Ereig-
Baumstämme befinden sich nämlich Bündel spezia- nisse werden als Kavitationen bezeichnet. Zu viele
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