Page 51 - ProtectIT_Ausgabe_58_Dez_2020
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SVP
                                                                                                        RUBRIK


          Die Änderung der des Sicherheitsgesetzes wurde im Oktober   französische Hauptstadt, aber auch in anderen grossen fran-
          Präsident Emmanuel Macron, und seiner Partei La Républi-  zösischen Städten wie Nantes und Lyon fanden grössere De-
          que en Marche vorgeschlagen.                        monstrationen statt. Journalisten, Studenten, aber auch An-
                                                              hänger „Gelbwesten“ gingen auf die Strasse.
          WAS WIRD KRITISIERT?
          Journalisten und Menschenrechtsgruppen haben die Geset-  EIN RÜGE AUS DER EU
          zesänderung heftig kritisiert. Sie argumentieren, dass sie die   Einen Anstoss gab es schliesslich auch von der EU. Sie er-
          Pressefreiheit einschränken - und zu weniger polizeilicher   innerte Frankreich daran, dass Journalisten in der Lage sein
          Rechenschaftspflicht führen wird. So wird zudem befürch-  müssen, „frei und in völliger Sicherheit zu arbeiten“, und
          tet, dass das Gesetz die Gefahr birgt, Journalisten und ande-  warnte gleichzeitig, dass sie das umstrittene Sicherheitsgesetz
          re Personen zu gefährden, die Beamte bei der Arbeit filmen,   des Landes prüfen werde, um sicherzustellen, dass es nicht ge-
          insbesondere bei gewalttätigen Protesten. In ihren Augen ist   gen die EU-Gesetze verstösst.
          das Dokumentieren und Veröffentlichen gerade von gewalt-
          tätigen Polizeibeamten wesentlich, um brutaler Polizeigewalt  HINWEIS AUS DER UNO
          einen Riegel vorzuschieben. Die Kritiker befürchten nun, dass   Das Büro der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen
          es die Gerichte sein werden, die darüber entscheiden, ob Bil-  für Menschenrechte und Frankreichs Ombudsman haben da-
          der im Internet mit der „Absicht einer Schädigung“ verbreitet   vor gewarnt, dass der neue Gesetzesartikel die Gefahr einer
          werden oder nicht.                                  Aushöhlung der Grundrechte mit sich bringen könnte.

          NACH  SCHOCKVIDEO:  MEHR  ALS  130.000  PRO-        GEGENWIND FÜR MACRON
          TESTIEREN GEGEN POLIZEIGEWALT                       Frankreichs Präsident hat nun selbst eingegriffen und seine
          Bei dem gewaltsamen Übergriff auf einen Musikproduzenten   Partei angewiesen, den umstrittenen Gesetzgebungsprozess
          in Paris konnten in der Folge die verantwortlichen Beamten   vorerst zu stoppen. Zwar fällt er damit seinem Innenminis-
          anhand von Videoaufnahmen ausfindig gemacht werden, wie   ter in den Rücken und untergräbt die Glaubwürdigkeit seiner
          auch nach dem gewaltsamen Tod von Cédric Chouviat, einem   Partei.
          Lieferanten, der im Januar nach einer Polizeikontrolle gestor-  Eine Krisensitzung im Élyséepalast zur massiven Kritik, hat
          ben war. Nach dem Vorfall kursierten Videoaufnahmen im   die Regierungsfraktionen des Unterhauses im Parlaments
          Internet, inzwischen müssen sich die verantwortlichen Beam-  nach einer Krisensitzung zur Einsicht gebracht. Christophe
          ten nun wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht verantworten.  Castaner, früherer Innenminister und Fraktionsvorsitzender
                                                              von Macrons Regierungspartei La République en Marche hat-
          WER HAT SICH GEGEN DAS GESETZ AUSGESPRO-            te danach erklärt: „Wir werden eine vollständige Neufassung
          CHEN?                                               von Artikel 24 vorschlagen. Die Gesetzesentscheidung, die wir
          Gemeinnützige Organisationen, darunter Reporter ohne   getroffen haben, hat für starken Wirbel gesorgt. Wenn in der
          Grenzen, Amnesty International Frankreich und die Liga für   Bevölkerung nicht die Überzeugung herrscht, dass das Recht
          Menschenrechte, sowie Gewerkschaften, die Journalisten ver-  auf Information und die Überwachung des polizeilichen Han-
          treten, haben zahlreiche Menschen zu Protesten mobilisiert.   delns gefährdet sind und wenn das Gleichgewicht, das wir mir
          Zudem strömten Tausende von Menschen für Proteste in die   Artikel 24 erreichen wollten, nicht überall so wahrgenommen
                                                              wird, muss also gehandelt werden.“ – Die Strasse hat gesiegt!

































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