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 treterinnen und -vertreter eine bessere Arbeits- marktintegration. Knapp zwei Drittel wünschen sich darüber hinaus eine Ausweitung und quali- tative Verbesserung des Angebots an beruflichen Sprachkursen.
„Wir lernen viele motivierte Kandidaten mit Flucht- und Migrationshintergrund kennen, die gut zu unserem Unternehmen passen würden. Wir wünschen uns, dass der Staat diese Poten- ziale mit besseren Sprach- und Integrationskur- sen unterstützen würde“, bringt es Marcus Butt, Geschäftsführer der Moll Marzipan GmbH, auf den Punkt. Sebastian Stietzel, Präsident der IHK, sieht die Politik ebenfalls stärker in der Pflicht: „Inte- gration in Arbeit ist eine wesentliche Grundvor- aussetzung, damit Integration insgesamt gelingen kann. Die Berliner Wirtschaft hat durch Initiativen wie den Jobmessen für Geflüchtete bereits gezeigt, wie groß die Offenheit in den Unternehmen für Menschen jeder Herkunft ist. Politik und Verwal- tung müssen diese Offenheit und die Anstrengun- gen der Wirtschaft aber auch unterstützen.“
An der Umfrage haben sich auch Unterneh- men beteiligt, die bislang keine Neuzugewander- ten eingestellt haben. Viele würden gerne Men- schen mit Fluchthintergrund einstellen, haben aber bislang keine Bewerbungen aus der Gruppe erhalten (50 Prozent) – ein deutlicher Wink für die Jobcenter und Agenturen für Arbeit. Fehlende Qualifikationen von Bewerberinnen und Bewer- bern spielen hierbei eine untergeordnete Rolle (14,3 Prozent). Trotz hoher Motivation und Offen- heit gibt es dennoch Bedenken. Knapp ein Drittel der Unternehmen befürchtet bei der Einstellung von Neuzugewanderten einen voraussichtlichen Mehraufwand etwa durch mehr Bürokratie oder eine intensivere Betreuung.
Hier muss man differenzieren, und den bera- tenden Stellen kommt die Rolle zu, Unterneh- men entsprechend zu informieren. Liegt zum Beispiel eine Aufenthaltserlaubnis vor, wie bei anerkannten Flüchtlingen oder subsidiär Schutzberechtigen, ist ein freier Zugang zum Arbeitsmarkt für die Dauer der Aufenthalts- erlaubnis gegeben. Anders sieht es bei gedul- deten Personen aus, bei denen oft Rechtsun- sicherheit herrscht. Durch das Chancen-Aufent- haltsrecht (siehe Spalte ganz rechts) gibt es seit dem 1. Januar 2023 für gut integrierte Geduldete die Aussicht auf eine langfristige Bleibeperspek- tive. Dadurch kann auch das Arbeitskräftepo- tenzial von langjährigen Geduldeten aktiviert werden, die ihren Weg in den Arbeitsmarkt noch nicht gefunden haben. ■
Integration durch qualifizierte Arbeit
Betriebe, die Menschen mit Einwanderungsgeschichte aus Nicht-EU-Ländern (eingewandert seit 2015) beschäftigen*
Neu seit 1. Januar 2023: Chancen- Aufenthaltsrecht
(§ 104c AufenthG) Mit dem ersten Teil des neuen Migrations- pakets der Bundes- regierung wurde für Geduldete, die
sich schon lange in Deutschland aufhalten, eine neue Möglichkeit für einen langfristigen Aufenthalt eingeführt: → Bedingung: Die Person befindet sich zum 31. Oktober 2022 seit mindestens fünf Jahren in Deutschland → Chancen-Aufent- haltsrecht nach § 104c AufenthG soll für 1,5 Jahre gewährt werden, um Voraussetzungen für langfristigen Aufenthalt zu schaffen → Anschließende Aufenthaltserlaubnis bei nachhaltiger Integration ist nach §25aoder§25b AufenthG möglich Informations-PDF vom Netzwerk Unter- nehmen integrieren Flüchtlinge zum Download unter: bit.ly/3Xvywn4
Integration | 39
  Als Fachkraft
Als Hilfskraft
In Ausbildung
In einer Führungsposition
9,6
Keine Beschäftigten
18,8
51,8
 31,0 30,0
   Mehr Mitarbeitende werden gebraucht
Motive, Menschen mit Migrationshintergrund in Ausbildung oder Arbeit einzustellen, Mehrfachnennungen möglich*
Wir brauchen mehr Auszubildende bzw. Mitarbeitende
Wir möchten einen Beitrag zur gesellschaftlichen Integration der Menschen mit Flucht- oder Migrationsgeschichte leisten
55,9
Wir möchten vielfältiger werden und stellen gezielt Menschen unterschiedlicher Herkunft ein
46,1
Betriebe ergreifen teilweise Maßnahmen
Angebote zur Integration von Menschen mit Flucht- oder Migrationsgeschichte, Mehrfachnennungen möglich*
Wir verfügen über keine Maßnahmen
32,6
Wir organisieren Deutschkurse auf Firmenkosten
27,1
Wir haben ein Mentorenprogramm
24,3
Wir nehmen externe Hilfestellungen in Anspruch
24,3
Wir bieten eine sozialpädagogische Begleitung
17,4
Wir haben eine Arbeitsgruppe
9,0
Wir verfügen über keine Maßnahmen, planen aber welche
8,3
Wir haben eine/einen Integrationsbeauftragte/n im Team
61,8
         Berliner Wirtschaft 01-02 | 2023
6,9
*Alle Angaben in Prozent
Grafiken: BW
Quelle: IHK Berlin
Die Daten beruhen auf einer anonymen Online- Erhebung, die der VBKI mit seinem Projekt „Einstieg zum Aufstieg“ und die IHK Berlin im Herbst 2022 unter ihren Mitgliedern durchgeführt haben. Insgesamt haben sich rund 200 Personen aus elf verschiedenen Branchen an der Umfrage beteiligt. Zwei Drittel davon hatten maximal 50 Beschäftigte und bestehen länger als zehn Jahre.
Julian Algner, IHK-Geschäftsfeld Wirtschaft & Politik Tel.: 030 / 315 10-373 julian.algner@ berlin.ihk.de
















































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